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74 Psychische Studien. XVII. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1890.)
alle Berichte von übelthätig, neckisch oder boshaft auftretenden
geistigen Wesen zum mindesten höchst vorsichtig
aufzunehmen sind.
9. Der Mensch ist, sowohl in der höheren als in der
niederen Existenz, die Synthese seiner persönlichen Willens-
tbätigkeiten, welche sein Wesen ohne Unterlass modiüziren;
unser Zustand, in welchom Stadium inserer Existenz wir
uns auch befinden mögen, verhält sich also stets zu den
vorhergegangenen Bestrebungen, wie jede Wirkung zu ihrer
Ursache.
10. Wir können nicht durch äussere Einwirkungen der
moralischen Vollkommenheit entgegengez o g e n werden,
soudern sind ausschliesslich darauf angewiesen, ihr durch
eigene Kraft entgegenzustreben; ebenso kann sich unsere
Erkenntniss nur von innen heraus entwickeln und muss jede
Art von sogenannter höherer Offenbarung zurückweisen.
11. Das Prinzip der Kraftatisgleichung und das Prinzip
der Gerechtigkeit beruhen auf einem und demselben, die
ganze Natur beherrschenden Gesetze und bestimmen die
Existenzbedingungen, die nach dem Tode einem Jeden von
uns zufallen.
12. Jede dogmatische Verfechtung des Deismus oder
des Atheismus ist ein unfruchtbarer Wortstreit; denn über
das Dasein oder Nichtdasein Gottes ist keine Verständigung
denkbar. Bei allen philosophischen Untersuchungen muss
vom Menschen ausgegangen und alles ausserhalb Liegende
bei Seite gelassen werden.
13. Das Gebet, welches Gott um Hülfe in den Bedrängnissen
des Lebens anfleht, ist nichts anderes als eine
an Gott gestellte Zumuthung, der Willensfreiheit seiner
Geschöpfe oder dem Walten seiner Gesetze zu Gunsten
eines Einzelnen zu nahe zu treten, und kann als solche nur
wirkungslos sein. Keine Vorsehung mischt sich in unsere
Angelegenheiten und hört unsere Gebete; unsere Schicksale
hängen von uns allein ab, Nur dann kann überhaupt eine
Regung der Andacht heilsam auf unser Gemüth einwirken,
wenn sie uns zum Göttlichen zu erheben, nicht aber das
Göttliche zu uns herabzuziehen bestrebt ist.
14. Alle hergebrachten, religiöse Färbung tragenden
Vorstellungen von Gott, Engeln und Teufeln, von guten und
bösen Prinzipien, von Geisterreichen und -Hierarchien, von
persönlich in die Weltordnung eingreifenden Mächten, von
Apostolatsmissioncn von Lohn und Strafe im engeren Sinne
und dergl. müssen als abergläubische aus der übersinnlichen
Weltanschauung \erbannt werden.
1b. Die Erforschung des Uebersinnlichen muss wissen-
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