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HO Psychische Studien. XVII. Jahrg. 3. Heft. (März 1890.)
mit einer Schale voll Wasser, einer Spritze oder etwas
Aehnliehem hereinkommen zu sehen.
So empfängt das Gehirn jeden Augenblick Eindrücke,
und der Geist bildet sie sofort zu Begebenheiten um, die
dem Character der Eindrücke entsprechen. (Diese Neigung
des Geistes, zu dramatisiren, hat Dr. Carl du Prel sehr
ausführlich in seinem Buche: — „Die Philosophie der
Mystik" behandelt.)
Hiervon kommt zum grossen Theil das Verworrene und
Unvernünftige der Träume, deren wir uns erinnern. Aber
selbst wenn wir uns an etwas von dem erinnerten, was der
Geist im freien Zustande ausgeführt hat, so würde sich
vielleicht auch dieses — wenigstens einem Nichtspiritisten
— als sehr unlogisch darstellen, denn der Geist lebt im
freien Zustande unter ganz anderen Bedingungen, als im
incarnirten. So kann er z. B. schweben und die Materie
durchdringen. Wenn man aber erwacht und sich erinnert,
mitten durch eine Wand oder in die Luft hinauf gefahren
zu sein, so wird man das in der Regel lächerlich finden.
So erzählt Professor Schiewiger (in den „Psych. Stud."
1887) einen Traum, den er ganz richtig für einen Ausdruck
des Bewusstseins des Geistes, die Materie durchdringen zu
können, hält. Er träumte, als er in der dritten Etage
eines Hauses wohnte, dass Leute unter seinem Zimmer
tanzten; da ihn das Gepolter störte, griff er mit einer
Hand durch den Fussboden, um Jemanden beim Schöpfe
zu fassen, was ihm auch gelang. Da er sich dieses Traumes
im wachen Zustande erinnern konnte, so hatten natürlich
gewisse Gehirn eindrücke störend gewirkt; aber der Umstand,
dass er glaubte, die Hand wirklich durch den Pussboden
zu stecken, ist sicherlich ein Resultat des Bewusstseins des
Geistes, die Materie durchdringen zu können.
Aber nichtsdestoweniger giebt es auch zwisch eu den
Träumen, deren wir uns erinnern können, eine grosse Menge
höchst merkwürdiger. Und ich glaube, dass man nie eine
befriedigende Erklärung für sie finden wird, wenn man sie
nicht freien G eistern zuschreiben will, die sie hervorbringen,
indem sie auf das Gehirn des Schlafenden während seines
halbfreien Zustandes einwirken. Den dominirenden Platz
unter diesen merkwürdigen Träumen nehmen die sogenannten
prophetischen ein. Aus vielen Gründen, und besonders
wegen ihres Befreitseins von den Banden des Körpers,
muss man den freien Geistern eine sehr ausgedehnte
Kenntniss der Zukunft zuschreiben. Wenn es da in ihrer
Macht liegt, einem Menschen die Existenz einer übersinnlichen
Kraft zu beweisen, so bringen sie in dem Gehirn des
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