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Eriksen: Unser Geistesleben während des Schlafes etc. m
Schlafenden Gedanken oder Eindrücke hervor, welche
der träumende Geist auf Grund seiner Neigung
zum Dramatisiren in wirkliche Begebenheiten
umsetzt, die er zu erleben glaubt. Das ist die
Ursache, dass dem träumenden Geist die Zukunft zur
Gegenwart wird, und dass er im Traume zu erleben
glaubt, was erst nachher in Wirklichkeit sich ereignet.
Auf diese Art dramatisirt der Geist nicht nur die Eindrücke,
die das Gehirn vom eigenen Körper, sondern auch die,
welche es von freien Geistern empfängt. Dass diese Geister
unser Gehirn im halbfreien Zustande beeinflussen, anstatt
uns im ganz freien zu unterrichten, hat natürlich seinen
Grund darin, dass sie wollen, dass wir uns im wachen
Zustande erinnern sollen; und hierfür ist ja das Mitwirken
des Gehirns eine Bedingung. Ich will ein merkwürdiges
Beispiel von einem prophetischen Traume anführen, das
ich unter einer Menge anderer in einem Heft der
„Proceedings of Society for Psychical Research" fand.
Herr John Williams erzählt: — „Ungefähr am 2. oder
3. Mai 1812 träumte ich, dass ich mich im Vorzimmer des
Unterhauses, wo ich bekannt bin, befände. Ein kleiner, in
einen blauen Rock und eine weisse Weste gekleideter Mann
trat ein, und gleich darauf sah ich einen Mann, der mir
bei meinem Eintreten aufgefallen war, eine Pistole unter
seinem Rock hervorziehen und auf den eben erwähnten
Eintretenden richten. Die Pistole wurde abgefeuert, und
die Kugel traf den lirken Theil der Brust dessen, gegen
den sie gerichtet war. Ich sah Blut aus der Wundo
fliessen, der Gesichtsausdruck veränderte sich plötzlich, und
der Getroffene fiel zu Boden. Auf meine Frage, wer es sei,
wurde mir mitgetheilt, es sei der Finanzminister, Ich
verstand, dass Herr Percival, welcher damals Finanzminister
war, gemeint sei. Ich sah ferner noch, dass mehrere der
anwesenden Herren den Mörder ergriffen. Als ich erwachte,
erzählte ich diesen Traum meiner Frau; sie nahm die Sache
sehr leicht und bat mich, weiter zu schlafen, indem, wie
sie sagte, ja Alles nur ein Traum gewesen sei. Ich schlief
bald wieder ein und träumte wieder genau denselben Traum
mit denselben Umständen. Nachdem ich zum zweiten Male
erwacht war und meiner Frau wieder den Traum erzählt
hatte, wiederholte sie nur ihren Wunsch und bat mich,
dass ich wieder zu mir selbst kommen und die Gedanken
über diesen Traum verscheuchen möge. Als ich das dritte
Mal eingeschlafen war, wiederholte der Traum sich ohne
eine Spur von Veränderung, und ich erwachte, wie vorher,
in starker Erregung*. Der Traum machte in dem Grade
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