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128 Psychische Studien. XVII. Jahrg. 3. Heft. (März 1890.)
Im ersten Theile dieses Kapitels lässt Herr v. Hartmann
die fortschreitende Entwickelung der Theorien
auf dem Gebiete des Spiritismus Revue passiren.
Folgendes ist eine kurze Uebersieht dieser Theorien: —
Die erste ist: — „der sinnlich naive Glaube des
Volkes, dass die Verstorbenen in ihrer bisherigen Gestalt
. . . fortleben", und dass „die Geister wirken durch Anpacken
mit den Gliedmaassen ihres unsichtbaren Astralleibes
.'; (S. 106, 107.)
Die zweite ist auch plump-sinnlich: — „man erkennt,
dass das Medium ja doch auch ein Gei.it sei, und dass
dasselbe alles das wohl auch können müsse, was die Geister
Verstorbener können, und auch durch Anpacken mit den
Gliedmaassen seines unsichtbaren Astralleibes Erster Stoss
des naiven Geisterglaubens." (S. 107, 108.)
In der dritten findet statt die Umkehrung des naiven
Glaubens durch den „Nachweis der mediumis tischen
Nervenkraft", irrthümlich aber „psychische Kraft" genannt.
„Der grössere Theil der Erscheinungen ist auf das Medium
selbst als ihre alleinige Ursache zurückgeführt." (S. 108,109.)
Vierte Theorie. Durch die „nähere Beschäftigung
mit denMateriahsationserscheiuungen ist die Geisterhypothese
noch weiter untergraben" (S. 109). Die Materialisation ist
meistenteils nur eine „Transfiguration" des Mediinns selbst.
Bei directer Beobachtung der ersteren zeigte es sich, „dass
das Phantom ganz und gar aus dem Medium ausströmte und
in dasselbe zurückströmte." (S. 110)
.Fünfte Theorie. Sodann ist der Körper des Mediums
nur das Werkzeug und die materielle Quelle der Erscheinungen
, welche durch den „controllirenden Geist"
selbst als die transcendentale Ursache producirt werden.
Das ist die „Besessenheits-Hypothese" und jedenfalls ein
Fortschritt.
Sechste Theorie. Die Inspirations-Hypothese. Nicht
der Körper, sondern das somnambule Bewusstsein des
Mediums selbst bringt diejenigen Sätze und Gestalten zur
Erscheinung, „welche der controllirende Geist aus seinem
Bewusstsein in das somnambule Bewusstsein des Mediums
überträgt" (S. 114). . . ♦ „Erst mit dieser Wendung tritt
die Geisterhypothese in ein Stadium, welches es der
Psychologie und Metaphysik anständiger Weise ermöglicht,
sich im Ernste mit ihr kritisch zu beschäftigen." (Daselbst).
Die historische Auseinandersetzung dieser Theorien ist
weit entfernt davon, genau zu sein; aber das ist noch das
Geringste dabei. Die Darstellung aller dieser Theorien
durch Herrn Dr. von Hartmann ist nur zu dem Zweck erfolgt,
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