http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1890/0143
Hansen; Eine SSanee vor 1500 Jahren,
135
III. Abtheihiiig.
Tagesneuigkeiten, Notizen u. dergl.
Eine Seanee vor 1500 Jahrein
Von H. L. Hansen in Kjoge.*)
Der römische Geschichtsehreiber Ammianus Marcelibms,
der die römische Geschichte bis 400 n. Chr. beschrieben
hat, erzählt im zweiten Kapitel des 29. Buches seines
Werkes Folgendes aus seiner eigenen Zeit: —
„Zur Zeit des Kaisers Valens (Mitregenten seines Bruders
Valentianus), im Jahre des Herrn 371, wurden einige
griechische Theurgen, die in jener Zeit fälschlich den
Namen Philosophen beanspruchten, vor Gericht angeklagt,
mit Hülfe magischer Künste einen Versuch angestellt zu
haben, um zu erfahren, wer der nächste Kaiser sein werde.
Der kleine Tisch (ein Dreifuss), den sie dabei gebraucht
hatten, war dem Gericht eingeliefert. Nachdem sie der
Tortur unterworfen worden waren, legten sie folgendes
Bekenntniss über den Vorgang ab: —
,,'Ebrwürdige Richter! Wir stellten diesen unglückbringenden
Tisch, den Ihr hier seht, unter günstigen
Auspicien, nach Art des delphischen Dreifusses, aus
Lorbeerholz her. Nachdem wir ihn dadurch, dass wir
geheime Formeln über ihn sprachen, sowie durch viele
andere weitläufige Manipulationen, geweiht hatten, gelang
es uns, ihn dazu zu bringen, sich zu bewegen. Wenn wir
ihn in geheimen Angelegenheiten um Rath fragten, war
unsere Methode, ihn in Bewegung zu bringen, die folgende:
— Wir setzten ihn mitten in ein Haus, das durch arabische
Räuchereien vollständig gereinigt worden war, darauf wurde
eine aus verschiedenen Metallen hergestellte, runde Scheibe
nach den nöthigen Reinigungen darauf gelegt. Längs des
Randes dieser Scheibe waren die 24 Buchstaben des
Alphabetes, unter genauer Beobachtung gleicher Zwischenräume
, mit vieler Kunst eingegraben. Eine weissgekleidete
Person, in leinenen Schuhen, mit einem hellen Turban um
den Kopf und heiligen Lorbeerzweigen in der Bland,
besorgte das Auflegen dieser Scheibe auf den Dreifuss,
nachdem sie, nach gewissen vorgeschriebenen Regeln, und
*) üebersetzt aus „Morgendaemringen", Cnristiania, durch Georg
üüllmann in Altona.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1890/0143