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Wittig: Das visionäre Wandbild des Einsiedlers Dippold. 137
Klause, eine grossartige Sandstein-Felsen-Einsiedelei in
der *|2 Stunde von der Stadt entfernten Haide, dem eigentlichen
Dippoldiswalde, besuchten* und dass wir in deren
Trümmern ganz nachhaltige Eindrücke vom Eremit enleben
des angeblichen Gründers der Stadt in uns aufgenommen
hatten. Dieses Einsiedler-Bild mag uns bei unseren weiteren
Nachforschungen in den beiden Kirchen der Stadt wohl
schon vorgeschwebt haben. Ja, es lcb'e so mächtig in mir,
dass ich mich Mitte September 1877 sogar entschloss, einen
Aufsatz unter dem Titel: — «Der heilige Dippold (?)"
— in das zu Dresden erscheinende katholische „St. Benno-
Blatt" (Beilage zum „Katholischen Volksblatt aus Sachsen"
IV. Jahrg. Nr. 40, 1877) einzusenden, dessen I. Theil in
Nr. 11 vom 7. Oktober 1877 erschien, worauf ich auf meine
darin gestellten Iiistorischen Anfragen, besonders wegen
etwa noch vorhandener Urkunden und einer etwaigen
päpstlichen Oanonisation eines solchen Heiligen, im
„Katholischen Volksblatt" IV Nr. 44 v. 4. November 1877
(„Benno-Blatt" Nr. 12) die Antwort des Hochw. Gonsistorial-
rathes und katholischen Pfarrers in Dresden-Neustadt, Herrn
Eduard Machaczek, Verfassers einer katholischen Geschichte
Sachsens, in einem Artikel unter dem Titel: — „Der
Einsiedler Dippold1' — erhielt, welcher mich dahin belehrte,
dass leider weder in den Regesten und Urkunden des
Hochstiftes Meissen, noch in dem die weitere Geschichte
Sachsens urkundlich erschöpfenden „Codex diplomaticus
Saxoniae Regiae" (1864—IST.4) u. s. w.) irgend eine Spur von
der Existenz, dem Leben und Wirken oder der Oanonisation
eines Einsiedlers mit Namen Dippold oder Theohold zu finden
^ei. — Hierzu kam, dass auch der frühere Bürgermeister
und Advocat E. Rüger in Dresden, Verfasser einer kleinen
Chronik Dippoldiswalde^, auf Grund dieses über Dippold
sich total ausschweigenden „Codex dipl." die Existenz eines
solchen heiligen Dippold in Nr. J 10 der „Weisseritz-Zeitung"
zu Dippoldiswalde vom 8. Dezember 1877 wiederholt
bestritt, sich gegen meine vermeintlich kirchlich-religiöse
Romantik eihob und die Heiligsprechung Dippold1 * in das
Bereich der Sage he/, der willkürlichen Erfindung späterer
Chronisten verweisen zu müssen glaubte Man schnitt mir
in Folge dieses fast gleichzeitigen doppelten Widerspruchs
zuerst in der „Weisseritz-Zeitung", dann auch im „St. Benno-
Blatt", welches jedoch inzwischen noch eine Reihe weiterer
kurzer Artikel (im Ganzen VIII) bis Ende Dezember 1877
von mir brachte, einfach das Wort ab, und zwar inmitten
meiner gegen obige Schlussfolgerungen sofort erhobenen
Gegengründe. Dieselben waren und bleiben jedoch stark
rsycbibdie Studien. MUrz 1890. 10
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