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Wittig: Pas visionäre Wandbild dos Einsiedlers Dippold, 139
Horben-Wen den und Lausitzer. ebenso wie über die Ungarn,
schliesslich endgültig siegte, alle etwaigen schriftlichen
Urkunden und Zeugnisse des X. Jahrhunderts über einen
damals für heilig gehaltenen ersten Einsiedler und Rekehrer
der unterworfenen Urbewohner des Landes untergegangen,
oder nur in der mündlichen Ueberlieferung des Volkes, in
seinen Wallfahrten und in dem Namen der Stadt und ihrer
heiligen Statten und Klausen forterhalten worden seien.
Den deutschen Glaubenssendboten aus lömischen oder
irisch-schottischen Klöstern im neuerstandenen Meissnischen
Bisthum konnte ein Heiliger aus byzantinischer Urzeit her
wohl nicht so recht willkommen sein. Auch gehörte
Dippoldiswalde damals nicht zum Meissnischen, sondern
vielmehr zum Olmfitzer Bisthum. Und so suchte und suche
ich die historische Möglichkeit eines durch ein denkwürdiges
Stadtwappen, eine uralte St. Nikolai-Basilika byzantinischen
Stils, eine Felseneinsiedelei mit den Trümmern einer
St. Katharinen-Kapelle und einen merkwürdigen Ortsnamen
genugsam bekundeten Einsiedlers Dippold als Gründers
der Stadt auf Grund von Lucius ältester Ueberlieferung
gegenüber allen Einwürfen mangelnder bischöflicher, päpstlicher
und anderer Urkunden im „Codex diplomat. Sax.
reg." dennoch festzuhalten. Für selig und heilig gehalten
wurden ja im 10. Jahrhundert und vorher wie später noch
sehr Yiete heilig fromme Männer geistlichen Standes und
Ordens bloss durch den Glauben des christlichea Volkes
und den damaligen Usus der Kirche, in Heiligen-Litaneien
ihre Fürbitte anzuflehen. Die erste wirklich urkundliche
Heiligsprechung zu Koni datirt erst aus dem Jahre 999
und betrifft den in der grossen üngarschlacht auf dem
Lechfelde bei Augsburg im Jahre 955 mit Kaiser Otto L
und mit dem brudermörderischen, aber jetzt bekehrten
Herzog Boleslav von Böhmen tapfer mitkämpfenden Bisehof
Ullrich von Augsburg,
Nun besitze ich den Brief vom 19. Oktober 1817 noch
originaliter, in welchem ich meine zehn Fragen über das
Wandbild des heiligen Dippold nach Dippoldiswalde richte
und darin brevi manu am Rande nieine Fragen von einem
Ortskundigen umgehend beantwortet erhalte. Ich sage
darin ausdrücklich: „Es gilt für mich jetzt zu wissen,
was das für ein Bild über der inneren Eingan^sthür zur
Stadtkirche ist? Mir wurde voriges» Jahr (also 1870
bei meinem ersten Besuche) gesagt, es stelle dei. heiligen
Dippold vor. Dieses Jahr (Juni und Juli 187? boi meinem
zweiten Besuche) habe ich es leider nicht gesehen, Ich
habe aber etwas über dasselbe zu schreiben, was sachkundig
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