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148 Psychische Studien. XVII. Jahrg. S. Heft. (März 1890.)
(s. ?. Beil. zum „Leipziger Tageblatt" Nr. 36 v. 5. Februar
1S90.) — Auf diese Weise mögen schon viele Geister-
Personificationen im Volke entstanden sein.
g) Der Recensent der Litteratur in den „Grenzboten''
bespricht in Nr. 2. 49. Jahrg., v. 9. Januar er. Prof. Wilhelm
Preyer's in Jena „Biologische Zeitfragen" (Berlin, 1889),—
worin auch vom Hypnotismus die Rede ist. Darüber heisst
es Seite 103—104: ~ ..Aus der Abhandlung über den
Bypnotismus endlieh ersehen wir, dass Preyer an die Wirklichkeit
der Erscheinungen, die man unter der Bezeichnung
Hypnotismus zusammenfasst, glaubt und sich davon durch
eigene Experimente überzeugt hat. Unter diesen Umständen
whd uns Laien wohl auch nichts andres übrig bleiben, als
dran zu glauben. Dann aber müssen wir den Begriff des
Aberglaubens ändern und bei sehr vielen Wundergeschichten
zugestehen, dass sie möglicherweise auf Thatsachen beruhen.
Kant würde über dieses Ergebniss der modernen Forschung
unwillig den Kopf schütteln. Er erklärte bekanntlich: —
„Ich glaube an kein Gespenst; denn glaube ich an eins, so
nmss ich an alle glauben!' — Aehnlich würde er sich wohl
den hypnotischen Heilungen gegenüber verhalten, die sich
der äusseren Erscheinung nach von Wunderheilungen nicht
unterscheiden, wenn auch unsere Physiologen von dem, was
dabei vorgeht, einen ganz anderen Begriff haben als die
Wundergläubigen/' — Ist das nicht ein kostbares Zu-
geständniss auch für viele, ebenfalls noch unerklärte
mediumistische Thatsachen ?
k) In Wien veranstaltet soeben eine„Antispiritistiu'*
eine Engländerin, Miss Anna Eva Fay aus Boston, Seancen,
die viel besucht werden dürften. Bisher hat Miss Fay, die
bereits Schweden, Spanien, Russland und Holland besucht
hat, zwei Prhatvorstellungen im „Hotel Elisabeth" gegeben:
— die eine der Polizei, die andere der Presse. Vor der
Behörde musste sie eine Produktion veranstalten, weil von
deren Ergebniss die Erlaubniss zur Abhaltung öffentlicher
Vorstellungen abhängig gemacht wurde. Am Ende derselben
beschäftigte sich der Polizeiarzt eingehend mit Miss Fay}
ohne jedoch das Räthsel, welches that^ächlich ihre Vorführungen
umgiebt, auf medizinischem Wege lösen zu
können. Die Kommission erklärte schliesslich, dass die
Produktionen nichts Anstössiges bieten, und dass Miss Fay
eine überaus gewandte — Prestidigitateurin sei. Die zweite
Seance fand in Gegenwart von Vertretern der Wiener
Presse statt. Miss Fay ist eine etwas hagere, junge Dame,
mit rothblondetu Haar, grossen, sprechenden Augen und
sympathischem Wesen. Sie tritt durchaus nicht anspruchs-
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