Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
17. Jahrgang.1890
Seite: 205
(PDF, 165 MB)
Bibliographische Information
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Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

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du Prel: Was sind Ahnungen?

205

wird. Dieser Process ist offenbar identisch mit dem allbekannten
Vergessen. Das erinnerungslose Erwachen ist
bei Somnambulen die Regel; bei ihnen aber, wie beim
gewöhnlichen Träumer bleibt trotz des Vergessens die mit
der Vorstellung verknüpft gewesene Stimmung zurück.

Nun erst haben wir alle Bestandtheile in der Hand,
um die Ahnungen vollständig zu definiren, indem
wir sagen: — den Ahnungen liegt ein im vorhergegangenen \
Schlaf eingetretenes Ferngesicht zu Grunde, welches im •
Schlafe, die Empfindungsschwelle überschreitend, zur
Gehirn Vorstellung wurde, beim Erwachen aber als Vor*
Stellung vergessen wird, so dass nur mehr die damit
verknüpfte Stimmung diesseits der Empfindungsschwelle
zurückbleibt, oder auch erst nachträglich nach den Gesetzeri
der Association geweckt wird.

Die Ahnung ist also Wirkung eines vergessenen
Wahrtraume?; sie ist keine mangelhafte transcendentale »
Funktion, sondern mangelhafte Erinnerung an eine vollkommene
transcendentale Funktion. Im Process und im
Resultat mit dem Ferngesicht identisch, unterscheidet sich
die Ahnung nur durch die mangelhafte Beleuchtung des
Resultats im späteren wachen Bewusstsein.

Durch diese Definition zeigt sich die Ahnung verwandt
mit einer anderen Erscheinung, welche letztere den Vorzug
besitzt, wissenschaftlich constatirt zu sein und nicht mehr
geleugnet zu werden. Ich meine den posthypnotischen
Befehl Wenn ein Hypnotiseur dem Somnambulen befiehlt,
nach dem Erwachen eine bestimmte Handlung vorzunehmen,
so wird dieser zur betreffenden Stunde den unwiderstehlichen
Trieb zur Ausführung haben, ohne sich doch des Befehls
zu erinnern; er wird vielmehr den Impuls aus seinem
bewussten Leben sich erklären. Was hier in der Willenssphäre
vorgeht, tritt bei der Ahnung in der Vorstellungssphäre
ein. Wir halten sie für eine Funktion des
Tagesbewusstseins, weil das in der Vergangenheit zurückliegende
Ferngesicht ganz, manchmal auch nur theilweise,
vergessen ist und nur eine dumpfe Nachwirkung im Gefühl
zurückblieb.

Unsere Definition erklärt ferner, warum Ahnungen
meistens ein bevorstehendes Unglück betreffen. Ist
nämlich ein Ferngesicht mit traurigen Gefühlen verknüpfte,
so wühlt es unser Inneres viel tiefer auf, als gleichgültige
oder freudige Ferngesichte es fchun können. Die ersteren
haben einen grösseren Gefüblswerth, also eine grössere
Chance, mit diesem diesseits der Empfindungsschwelle zu
bleiben, oder nachträglich geweckt zu werden.


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