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Amerikanischer Spiritisten-Humbug.
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Leuten, dass die Kraft, welche sie hier sich kundgeben
sahen, keine Zauberei, kein Mesmerismus oder Hypnotismus
ist, sondern der heilige Geist. Lehre sie, sich nicht davor
zu fürchten. O, lass ihn noch mehr Leute bekehren!
Bekehre Die, die schon bekehrt sind; noch mehr!' — Das
darauf von Dr. Smith ausgesprochene 'Amen' wurde tausendstimmig
wiederholt.
„Schon während des Gebetes war ein Mann in Verzückungen
gerathen, und Frau Woodworth theilte dann mit,
'dass das vierzehn Jahre alte Mädchen während seiner
Verzückungen eine Vision gehabt hätte, über welche in der
nächsten Versammlung gesprochen werden solle.*" —
„Giebt es einen grösseren Unsinn, eine grössere Gotteslästerung
?
„Besucht man nun eine der gewöhnlichen Sitzungen der
Medien, so besteht die „Vorstellung" aus dem allbekannten
Tischklopfen (Dr. Slade's seligen Angedenkens), in allerhand
merkwürdigen Geräuschen und im Glockenläuten der citirten
Geister. Einige Medien wieder haben das Schiefertafelschreiben
sich zur Specialität gemacht; d. h. die citirten
Geister schreiben die Antwort auf die gestellte Frage auf
eine Schiefertafel, welche an einem Faden frei in der Luft
schwebt. Dann giebt es wieder merkwürdiges Auslöschen
der Lichter, sogar Schläge und Stösse an die Köpfe der
Anwesenden durch „Geisterhand". Schliesslich noch Fragen,
welche von den Geistern direct durch den Mund der Medien
beantwortet werden. Oft kommt es bei solchen Gelegenheiten
zu" komischen Vorfällen. Bei einer derartigen Sitzung
frug z. B. ein in San Francisco wohlbekannter Mann ein
Medium, ob er nicht in Verbindung mit dem Geiste seines
verstorbenen besten Freundes „Dick", d. i. Richard, gesetzt
werden könne. Nach einigen Ceremonien fiel das Medium
in Verzückungen und theilte darauf dem erstaunten Manne
mit, dass der Geist von „Dick" in ihn gekommen sei, und
dass „Dick" sich sehr freue, von seinem besten Freunde zu
hören: dass es ihm in der anderen Welt sehr wohl ergehe.
Dick frug an, wie es ihm, dem Fragenden, auf Erden ergehe;
ausserdem entschuldigte „Dick" sich, dass er durch den
Mund eines Mediums spreche, aber er habe sich eine grosse
Heiserkeit zugezogen, weshalb er heute nicht selbst sprechen
könnte. Der betreffende Herr sagte nichts, theilte aber
einem Bekannten mit, dass er sehr bedauere, dass ihm die
Fähigkeit „Dick's" zum Sprechen nicht bei dessen Lebzeiten
bekannt gewesen sei, da er dann den armen „Dick" —
seinen verstorbenen Hund — gewiss viel besser behandelt
hätte.
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