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Krepelka: Die Wahrsagung dnrch die „scapula\ 255
Kräften. (Ferd. Maack 1. c. p. 35). Das unbewusste Nachtleben
gegenüber dem „Geist", dem selbstbewussten Tagleben,
bezeichnet Maack mit dem Namen „Seele". — „Gründet
man auf diese Seele", — fährt Maack fort, — „die Mittlerin
zwischen Geist und Körper, eine mit der Erkenntnisstheorie
Hand in Hand gehende Naturphilosophie, so hat man sich
durch die mit dieser unbewussten Seele, wesensidentische
Weltseele ein (symbolisch gesprochen) ,Magnale magnum4
geschaffen, durch welches sich alle mystischen Erscheinungen
der menschlichen Natur erklären lassen. Indem nämlich,
was speciell die Hypnose anbelangt, der selbstbewusste
Geist sich auf einen Punkt koncentrirt, wird das Band,
welches die drei den Menschen konstruirenden Pactoren,
Körper, Seele und Geist, fest umschliesst, 'so lange alles
wohl steht', gelockert, und die Seele vermag thatsächlich
sich aus dem Connex zu lösen, um, hinabtauchend in den
ihr wesensgleichen metaphysischen Urgrund der Weltseele,
direct das Begehrte zu schauen."
So versucht Maack in der ungezwungensten Weise
solche Phänomene zu erklären; eine bessere Erklärung
wüsste ich nicht zu finden. Nun, wenn eine Weltseele
zur Hilfe gerufen wird, so dürfte man schon von einer
solchen verlangen, dass sie im Stande sei, den gewünschten
Aufschluss zu geben. —
Aber die Thatsachen bestehen. Unser Hirt war, wie
alles dafür spricht, eine in hohem Grade mediumistisch
veranlagte Natur, und dass solche Menschen auch in die
Zukunft und in die Vergangenheit zu schauen
vermögen, dafür sprechen mehrere Beispiele. Mit den
Visionen dieses Hirten will ich dasjenige vergleichen,
was Hieronymus Cardano von seinem Vater erzählt. Diesem
hatte der Genius (das transcendentale Ich) auf die Frage,
ob der vertriebene Ludwig Sforza sein Herzogthum wieder
erlangen werde, mit „nein" geantwortet und vor ihm eine
Menge luftiger, die Verbrechen Sforza1^ darstellende Bilder
entrollt. („Sphinx" I, 5, 326.)
Auch ist in der Schilderung Mügge's beachtenswerth,
dass der Seher die Fragenden in jene Stimmung versetzt
wissen wollte, welche am besten demjenigen entsprach, was
er zu unternehmen im Begriffe stand. Um die Zukunft
Beider zu gleicher Zeit, um die Verkettung ihres Lebensschicksals
zu erforschen, stellt er zwischen ihnen einen
seelischen, ja einen magnetischen Rapport her. Der
Wunsch, die Zukunft zu wissen, beseelt alle drei Anwesende
zugleich, und es entsteht dadurch eine Seelen Vereinigung,
welche wohl das Beginnen des Hirten zu erleichtern geeignet
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