Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
17. Jahrgang.1890
Seite: 259
(PDF, 165 MB)
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du Prel: Was sind Ahnungen?

259

Familie Radziwil hatte im Hause eine elternlose Nichte, die
Gräfin Agnes Lankoronska, die mit den eigenen Kindern des
Prinzen Radziwil im Schlosse Newiemsko in Galizien erzogen
wurde. Agnes, damals fünf bis sechs Jahre alt, stiess immer
erschütternde Schreie aus, wenn sie durch eine Thür des
grossen Saales treten musste. Später, als sie geläutiger
sich auszudrücken vermochte, bezeichnete sie immer zitternd
ein grosses über der Thüre hängendes Bild, die Sybille von
Cumä darstellend, als den Gegenstand ihres Schreckens.
Der Prinz wollte einer scheinbar so grundlosen Furcht nicht
nachgeben und weigerte sich, das Gemälde zu entfernen.
Da jedoch Agnes in Convulsionen verfiel, so oft man sie
nöthigte, durch diese Thüre zu gehen, erlaubte man ihr
schliesslich die jeweilige Benutzung einer anderen Thüre.
Später, als Braut des Fürsten Wisnowiski, als einst 50 bis
60 Gäste im Saale versammelt waren, überwand Agnes, an
der Seite des Bräutigams, ihre Angst und trat in den Saal,
so dass der Onkel ihren Muth lobte. Unter der Schwelle
begann sie wieder zu zittern, man lachte sie aber aus,
sprach ihr zu, und da sie sich am Thürpfosten hielt, schloss
man die Thüre, um ihr den Rückweg abzuschneiden. Sie
jammerte und bat, zu öffnen, da sie in Todesgefahr sei. Ein
furchtbarer Lärm entstand: das Gemälde mit seinem
massiven Rahmen war herabgestürzt und hatte ihr den
Kopf zerschmettert.*)

Wenn die Abschwächüng des Ferngesichts zur blossen
Ahnung auf mangelhafter Erinnerung beruht, so passt in
diese Theorie auch umgekehrt die allmähliche
Steigerung der Ahnung zum Ferngesicht, so
dass zwischen der ganz unbestimmten Angst und dem
deutlichen Ferngesicht alle Zwischenglieder, je nach dem
Grade der Erinnerung, vertreten sind.

Eine empirische Bestätigung unserer Theorie wäre jedoch
nur dann gegeben, wenn der Seher in beiden Zuständen
beobachtet würde, zuerst im Augenblick des deutlichen
Ferngesichts und später, nachdem die Abschwächüng zur
blossen Ahnung eingetreten ist. Es fehlt nicht an solchen
Beobachtungen. Somnambule, die ein unglückliches Er-
eigniss vorhersagen, erwachen erinnerungslos, und es verbleibt
ihnen nur die Gemüthsverstimmung, wovon sie sich keine
Rechenschaft geben können. Sogar die directe Aussage
einer Somnambulen liegt vor, die das Problem der Ahnungen
in dem hier vorgetragenen Sinne löst. Sie erhielt im somnambulen
Schlafe fernsehend Kenntniss von einem Vorfalle.

•) Deleuzei — „Faculte de prevision." 121.


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