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266 Psychische Studien. XVII. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1890.)
über beide Parteien neu errungene Gewalt mit Mässigung
und zur Beförderung des allgemeinen Wohls. Fast alle
Staatsdiener blieben in ihren Aemtern. Durch
seine Bemühungen erhob sich der schwedische Handel zu
neuer ßlüthe. Der König richtete sein Augenmerk vorzüglich
auf die Verbesserung der äusseren Lage des
Bauernstandes, auf das Medicinalwesen, auf Errichtung von
Arbeits-, Wohnhäusern und Spitälern. Er begünstigte das
Bergbauwesen, Kanal- und Schleussenbauten, ordnete das
Finanzwesen u. s. w. Die Land- und Seemacht Schwedens
hob er zu einer Achtung gebietenden Stellung. Seine
Prachtliebe und sein Ehrgeiz, die ihn in den unglücklichen
Krieg mit Russland verwickelte, gab seinen Feinden neue
Gelegenheit, Unzufriedenheit gegen ihn zu erwecken. 1783
standen die Dalekarlier gegen ihn auf, 1786 der Reichstag,
welcher ihn zu schweren Opfern nöthigte. Der Krieg mit
Russland, durch welchen Gustav III. Livland und das
russische Finnland in seine Gewalt bringen wollte, begann
im Juni 1788; der Kampf wogte unentschieden hin und
her bis zum Jahre 1790, wo nach seinem Seesieg der zu
Werelä geschlossene Friede die vor dem Kriege bestandenen
Besitzverhältnisse wieder herstellte. Seine völlige Souveränetät
behielt er durch die Reichstage von 1789 und 1792 bis zu
seiner durch Anckarström bewirkten Ermordung. JSfur die
Prophezeihuug eines „seltenen" Alters stimmt nicht, auch
nicht die eines grossen Blutbades, ehe er sich auf dem
Throne befestigen kann. Seine Thronbesteigung war eine
fast unblutige Revolution! Der Blick der Kieser'sehen
Vision reicht eben nicht weiter als bis ins Jahr 1772, wo
er wirklich grösser und mächtiger dastand, als jemals ein
Schwedischer König. (S. Brockhaus1 und Meyer's „Conv.-
Lexika", Gustav 7/7.) Dieser Adolph Friedrich und Gustav III.
waren aber die vierte und fünfte, nicht aber die im
Kieser'sehen Visionsprotokoll behauptete sechste und
siebente Regentschaft nach Karl XL Dieser genaue
Hinweis verräth uns eben die absichtliche Einschiebung zur
Zeit der Mittheilung des Visionsprotokolles von 1810. —
Der Merimfösehe Visionsbericht verweilt daher bei seiner
Fassung weit richtiger nur bei dem sechsten Regenten
Gustav IV. Adolph und dessen durch Anckarström ermordeten
Vater Gustav III. Deshalb spricht dieser Bericht auch nur
genau von „5 Regierungen später", wobei „die Stimme
undeutlicher'* geworden sein soll. Dies und die verschiedenen
Zeitbestimmungen sind also in beiden Berichten
offenkundige Einschiebung und Machwerk!
(Fortsetzung folgt.)
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