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Kurze Notizen.
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Jede Wahrnehmung hinterlasse einen bleibenden Eindruck,
gleichsam ein photographisches Bild oder einen phonographischen
Abdruck. Dieser Eindruck könne jahrelang
völlig unbewusst in uns schlummern, aber plötzlich durch
irgend eine Veranlassung wachgerufen werden. Sodann
geht Verf. des Artikels zu den „Lichterscheinungen bei
sensitiven Personen" nach des verstorbenen Freiherrn
von Reichenbach's Experimenten Weiteres bestätigend über,
spricht über „das Muskellesen, Gedankenlesen und die
Gedanken-Uebertragung", wie sie Cumberland, Bishop u. A.
geübt und die englische „Society for Psychical Research"
durch viele erneute Experimente festgestellt habe. Verf.
kommt zu dem Resultate: „Die Seele ist es, die den Körper
baut," und „wenn die Seele ein immaterieller Organismus
ist, so haben die Gesetze des Raumes keine Geltung mehr
für diesen geistigen Leib." Viele der räthselhaftesten
Phänomene Hessen sich hiernach erklären. „Mesmerismus,
animaler Magnetismus, Tellurismus, Hypnotismus und
Statuvolismus" ergiebt einen weiteren interessant behandelten
Abschnitt, worauf er „Hallucinationen und Sinnestäuschungen"
nach den französischen Forschern Binet und Fere als Pro-
jectionen innerer Seelenbilder erklärt. „Wir müssen die
Hallucination als eine psychische Thätigkeit auffassen, wenn
wir dieselbe erklären wollen", ein Satz, den der dieses
referirende Sekretär der Redaction schon seit 15 Jahren
verfochten hat. Damit ist aber keineswegs die Realität ausser
uns befindlicher Dinge und Vorgänge gleich psychischer
Natur geleugnet, noch weniger die einer existirenden Geisterwelt
— nur müssen dieselben gleichsam durch die Brillengläser
unserer Psyche hindurch wahrgenommen werden und
können niemals in ihren Erscheinungen als reine Wesen an
sich betrachtet werden.
e) Lüttich, 7. Mai 1890: — Der belgische Justizminister
Lejeune hat bei der Kammer einen Gesetzentwurf
gegen den Missbrauch des Hypnotismus eingebracht.
/) Leipzig, 5. Mai: — Im „Leipziger homöopathischen
Verein hielt heute der praktische homöopathische Arzt Herr
Dr. med. Haedicke einen Vortrag über „Seine Erlebnisse auf
einer Reise um die Welt, mit besonderer Berücksichtigung
des wirklichen Sachverhalts, der vielleicht ein ganz anderer ist. Unsere
Seele wird in unserem Organismus offenbar erst in Betrieb gesetzt
durch das Wirken der Allseele und Natur ausser uns. Ausser diesen
oder ohne diese gäbe es ja überhaupt keine individuellen Seelen. Wir
existiren nur im Allzusammenhang der Dinge, und der ist ebenso
intensiv innerlich wie äusserlich von dem, was wir unseren leiblichen
Organismus nennen.-— Der Sekr. d. Eed.
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