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Wittig: Die Vision KarFs XI. von Schweden. 311
Die Vision Karfs XL von Schweden
nach Professor Kieser's „Archiv".
Von Gr. C. Wittigr.
IV.
(Schluss von Seite 266.)
Der .ff^r'sche Bericht stammt aus dem Jahre 1810,
also aus einer Zeit, da der frühere Oheim-Vormund das
Jahr vorher nach dem prophezeiten sechsten Könige als
Karl XIII. siebenter König nach der Vision geworden war.
An ihn hängten sich naturgemäss die neuen Hoffnungen und
Erwartungen des durch viele Kriege erschöpften schwedischen
Volkes und seiner Anhänger als an einen regierungsfährigeren
Fürsten, als sein vorhergehender Neffe Gustav IV. Adolph
gewesen war. Dieser hatte sich durch seine Abenteuerlichkeiten
und Ueberspanntheiten bald genug seit selbstständiger
Uebernahme der Regierung (1796) unmöglich gemacht.
— „Charakteristisch für ihn ist, dass er z. ß. mit Russland
einen Krieg beginnen wollte, weil seinem Verlangen, dass
das Geländer einer Grenzbrücke auf der russischen Seite
mit den schwedischen Farben angestrichen werden sollte,
nicht entsprochen wurde." — Ferner: — „Schon mit einer
Prinzessin von Mecklenburg versprochen, Hess er sich 1796
doch von der Kaiserin Katharina IL von Russland zu einer
Vermählung mit ihrer Enkelin Alexandra Paulowna bereden,
verweigerte aber nachher die Unterzeichnung des Ehekontraktes
wegen einiger in denselben aufgenommenen
Punkte, die er der Kaiserin nicht zugestehen wollte, so
dass die Vermählung nicht zu Stande kam. Er vermählte
sich hierauf am 3. Oktober 1797 mit der Prinzessin Friederike
von Baden, der Schwägerin Kaisers Alexander 1. und des
Königs Maximilian I. von Bayern. Er besass Talente und
natürliche Herzensgüte, doch war seine nach Rousseau7-
sehen Grundsätzen geleitete Erziehung der
Ausbildung seines Charakters nicht förderlich gewesen. Die
Beharrlichkeit, die sein Vater ihm hatte einpflanzen wollen,
war in Störrigkeit ausgeartet, der von seinem Vater geerbte
Hang zum Ritterlichen zur Lust am Abenteuerlichen." —
Er war ein Gegner Napoleon's L und rügte öffentlich in
Noten die Blutthat desselben am Herzog von Enghien. Mit
England schloss er 1808 ein Bündniss gegen das damals
verbündete Frankreich und Russland. Ein russisches Heer
von 60,000 Mann nahm ihm aber Finnland nach tapferem
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