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388 Psychische Studien. XVII. Jahrg. 8. Heft. (August 1890.)
und selbst für den Herrn Dr. v. Hartmann wäre dann die
Consequenz unvermeidlich."
c) Ein Kaiserwunder — durch die telegraphische
Berichterstattung entstanden und erst durch den speziellen
Bericht natürlich aufgeklärt. — Das in allen Zeitungen
erschienene Telegramm aus Berlin, 23. April er. theilt
mit: — „Der Kaiser machte in seiner in Bremerhaven (an
Bord des Norddeutschen Lloyddampfers „Fulda") gehaltenen
Tischrede auch Gebrauch von einem Gleichniss, das er in
der Schilderung einer Naturerscheinung, die er beobachtet
habe, gab. Als Er zum ersten Male die Ostsee mit einem
Geschwader befahren, habe es sich um einen Kurswechsel
gehandelt. Derselbe habe stattgefunden, aber die Schiffe
seien dabei im Nebel getrennt worden; mit einem Male sei
aus dem Nebel, hoch über den Wolken, die deutsche
Flagge aufgetaucht — ein überraschender Anblick,
welcher Alle zur Bewunderung der Naturerscheinung hingerissen
habe; später sei das ganze Geschwader, tadellos
den neuen Kurs steuernd, aufgetaucht, nachdem der Nebel
sich zerstreut: Dies sei Ihm als Bild erschienen." — Bei
diesem Berichte mögen wohl sehr viele Leser mit mir an
ein ähnliches historisch überliefertes Wunder vor der Schlacht
Konstantias des Grossen gegen Maorentius vor Rom am
27. October 312 erinnert worden sein, woselbst er nach
eidlicher Versicherung am Himmel ein flammendes Kreuz
unter der Sonne mit der griechischen Inschrift: — „Durch
dieses Zeichen siege!" gesehen und dann einen Traum
gehabt haben will, in dem ihm Christus erschien und ihn
beauftragte, eine jenem Kreuz ähnliche Kriegsfahne
(Labarum) zu führen und die Schilde der Soldaten nur
mit diesem Kreuze zu bezeichnen. Auch erinnerte diese
Erscheinung wohl an die vielfach, namentlich vor stürmischen
Kriegszeiten und Völkerschicksalen, gesehenen Zeichen am
Himmel, kämpfenden Heere u. s. w., wie besonders zur
Zeit des Papstes Gregor des Grossen berichtet wird. Würde
nur die obige telegraphische Depesche in ihrer kurzen
Fassung über dieses Gesicht aufbewahrt und überliefert
sein, so würde die Nachwelt sicher ein unerklärliches und
vorbedeutendes Naturwunder darin erblickt haben. Aber
die ausführliche Rede Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm IL
lautet präciser: — „Es mögen Momente vorkommen, wo es
dem nicht eingeweihten Laien scheinen will, als ob
gefährlicheZeiten herannahen. Sie können überzeugt
sein, es ist manches nicht so schlimm, wie es
aussieht. Und um Mich eines Bildes zu bedienen, so
möchte Ich, der Ich als passionirter Seemann die Zeichen
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