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432 Psychische Studien. XVH. Jahrg. 9. Heft. (September 1890.)
an uns ergangenen vielseitigen Nachfragen nach diesem
Berichte.
d) Der letzte Act der Resauer Spukkomödie
ist jetzt — wie der „Leipziger General-Anzeiger" berichtet
— endlich beendet. Das Immediatgesuch der Mutter
des „Knaben Carl" an den Kaiser ist, wie der bekannte
Dr. Egbert Müller der „N.-Z." mittheilt, von den „höheren
und höchsten Justizbehörden" beim Kaiser nicht befürwortet
und daher abschlägig beschieden worden. „Ganz gewiss
hat hohe Staatsweisheit hier gehandelt," sagt Herr Müller
in seinem spiritistisch angehauchten Schreiben, „und ihr
Thun und Lassen muss ganz gewiss sein hohe Staatsweisheit
!" Es wird aber die Zeit kommen, so prophezeit
der Champion des Wunderknaben weiter, da die allgemeine
öffentliche Meinung auf dem Standpunkte steht, in Carl
Wolter den Träger des Martyriums zu sehen, das ja nach
der unbegreiflich erhabenen Weltlenkung für den Eintritt
besserer firkenntniss unter uns Menschen die ewige Losung
ist. Hat doch bereits endlich ein grosser competenter
Gelehrter, dessen Ruhm und Ansehen weit über Deutschland
hinausgeht, die Thatsache der Mediumität auf Grund erlangter
Experimente anerkannt! Carl Wolter ist schicksalsvoll
verurtheilt, so dass nicht Andere nach ihm wieder verur-
theilt werden; das mag mit dem Bewusstsein seiner Unschuld
als höheres moralisches Bewusstsein ihm bleiben.
e) Panik in einer Berliner Schule.— Die Berliner
137. Gemeindeschule musste gestern geschlossen werden,
weil unter den Kindern eine Panik ausgebrochen war. Es
sollte spuken. Ein zwölfjähriges Mädchen, aufgeregt durch
die unter den Kindern coursirenden Spukgeschichten, rief
plötzlich während des Unterrichts: — „Hilfe! Hilfe! Die
Todtenhand würgt mich!" — Darauf folgte eine unbeschreibliche
Verwirrung. Die Kinder stürzten aus dem Zimmer
und aus dem Hause. Sämmtliche übrige Classen folgten.
Es war unmöglich, die Erschreckten zurückzuhalten. Viele
stürzten auf den Treppen, doch kamen glücklicherweise keine
schweren Beschädigungen vor. Der angebliche Spuk war
durch eine vom Luftzug bewegte Fenstergardine, welche das
Mädchen an die Wange getroffen, entstanden.
/) Berlin, 21. August. — Die „National-Zeitung" meldet:
— Ueber die Gespenstergeschichte in der Gemeindeschule
gehen uns weitere Mittheilungen zu, aus welchen erhellt,
dass dem Vorfall ein Unfug gröbster Art zu Grunde liegt.
Seit einigen Tagen waren in verschiedenen Schulgebäuden
Zettel niedergelegt worden, auf welchen in rother Farbe
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