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Wittig nach Dessoir: Ist Spiritismus Taschenspielerei? 475
General von Pfuel und die geistersichtigen E. T. A. Hoffmann,
Tieck u. A. die Rede. — Hier aber interessirt uns gewiss
vor Allem die Ansicht des bildenden Meisters über den
(selbst nach der Ueberzeugung seiner Eltern) gewaltsamen
Tod des schönen, hoffnungsvollen, achtjährigen Knaben.
Des Räthsels Lösung werden wir in den eigenen Worten
seiner Mutter, der Gräfin von Lichtenau, finden dürfen,
welche wir in unserem Artikel: — „Geist-Erscheinung, oder
Betrug, im Jahre 1787 V" — s. „Psych. Stud." Juni-Heft
1887 S. 280 ff. citirt haben. Das Denkmal ist sicher in
Uebereinstimmung mit dem Könige und der Gräfin entworfen
und ebenso der Ausdruck ihrer tiefinnersten Ueber-
zeugungen wie ihres vollendeten geistigen Geschmacks,
Ist Spiritismus Taschenspielerei?
Nach Max Dessoir referirt von Gr. C. Wittig.
Von mehreren belesenen Correspondenten auf Herrn
Dr. Max Dessoir's in Berlin*) Artikel: — »Zur Psychologie
der Taschenspielerkunst" — in „Nord und Süd" Bd. 52,
Heft 155, Februar 1890 (Breslau, S. Schottlaender,) nachdrücklich
mit dem Bedeuten aufmerksam gemacht: — „Wenn
berufene Wortführer des Spiritualismus ihre Aufgabe also
auffassen und solches am grünen Holze geschieht, was soll
am dürren werden!?" — verschafften wir uns den betreffenden
Artikel und fanden denselben durchaus nicht so schlimm,
als wir nach diesem mahnenden Hinweis vermuthen mussten.
Wir fanden vielmehr die Wahrheit: — „Was die Presti-
digitation zur Kunst der Täuschung macht, ist nicht die
technische Aussenseite, sondern der psychologische Kern.
Die sinnreiche Ausnutzung gewisser seelischer Fähigkeiten
wiegt unvergleichlich schwerer als alle Fingerfertigkeit und
Maschinerie." — Diese psychische Beobachtung erweist
Verfasser an zahlreichen Beispielen von Prestidigitateuren
und deren Kunststücken, von den Gauklern des Alterthums
und Mittelalters angefangen bis zu den modernsten Salon-
Magikern hin. Sie täuschten und täuschen wirklich die
Sinne. Nur nennt er die ältesten Priestergaukler Aegyptens
und Griechenlands und die Wunderthäter der ersten christlichen
Kirche bis zum Mittelalter hin „Vertreter der
ernstlich täuschenden Richtung mit dem Anspruch
*) Herausgebers der „Schriften der Gesellschaft für Experimental-
Psyehologie zu Berlin.*' (Leipzig, Ernst Günther, 1890.)
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