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Wittig nach Dessoir: Ist Spiritismus Taschenspielerei? 477
seh windigkeit beruhe die höhere Kunst, sondern in der
psychischen Täuschung, dass solche gar nicht im Spiele
sei. Der Ungebildete sei darin fast schwieriger zu täuschen
als der Gebildete. — „Eine geradezu klassische Illustration
„liefert das Verschwindenlassen der Apfelsine in der Luft.
„Man setzt sich an das Kopfende eines Tisches, wirft eine
„Apfelsine etwa */2 Meter in die Höhe, fängt sie mit einer
„Hand wieder auf und lässt diese Hand dabei unter die Tisch-
„kante sinken, dann wirft man die Apfelsine mit einem
„etwas stark markirten Ausholen nochmals in die Höhe
„und zwar jetzt etwa 1% Meter hoch; auffangen; dabei
„sinkt die Hand zum dritten noch stärkeren Ausholen tief
„unter die Tischkante, lässt die Apfelsine auf dem Schooss
„liegen und macht, ohne eine Sekunde zu zögern, die dritte
„Wurfbewegung. Neun Zehntel des Publikums sehen dann
„die Apfelsine in der Luft verschwinden. .. Hier* ruht Alles
„auf den subjektiven Bedingungen der Täuschung, nicht auf
„irgendwelchen äusseren Hilfsmitteln." —
Er erläutert, dass es leichter sei, Hunderte als Einen
zu täuschen. „In welchem Maasse die Aufmerksamkeit
„Tausender abgelenkt werden kann, sieht man am besten im
„Cirkus. Wenn Clown A dem Olown B eine schallende
„Ohrfeige giebt, dann berührt er natürlich dessen Backe nur
„ganz leise; genau in demselben Augenblick jedoch schlägt
„B die herabhängenden Hände zusammen. Niemand bemerkt
„es, weil Aller Augen auf die Bewegung ,4's und das Gesicht
„J?'s gerichtet sind." — Wir haben es hier, wie bei der
geworfenen Apfelsine, mit einer ,,Illusion" zu thun, der
subjectiven Verfälschung eines objectiv gegebenen Empfindungsmaterials
. — „Dass die Ooncentration aller Seelenkräfte
auf einen bestimmten Effect diesen Effect selbst zur Folge
hat, ist übrigens den Kennern des Hypnotismus nichts
Neues." — Auch diesen zieht Herr Dessoir mit seinen
positiven und negativen Hallucinationen, bei deren ersteren
man etwas sieht, wo nichts vorhanden ist, während man
bei letzteren nichts sieht, wo etwas vorhanden ist, zur Erklärung
der verschiedenen Taschenspielerkunststücke herbei,
welche vor den Augen des Publikums vor sich gehen und
doch von demselben nicht bemerkt werden, weil die seelische
Aufmerksamkeit künstlich abgelenkt wird und der Sinnenreiz
deshalb nicht zum Bewusstsein kommt.
Schliesslich aber gelangt Herr Dessoir zu folgenden
Behauptungen im V, Abschnitte seiner Abhandlung: -r
„Spiritismus ist Taschenspielerei. Diese Gleichung
„hört man oft genug von Unberufenen aussprechen, und
„eine Anzahl harmloser Gesellen bemüht sich, dieselbe durch
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