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484 Psychische Studien. XVH. Jahrg. 10. Heft. (Oktober 1890.)
Beweis dafür, dass der sich nicht nennende Verfasser des
Artikels in höchstem Grade vom Widerspruchsgeiste einer
falschen Wissenschaft hypnotisch suggestirt ist, weil er selbst
nicht mehr weiss, was er da für eine unwissenschaftliche
Denkart öffentlich zur Schau stellt, denn sonst würde er
so nicht geschrieben haben. Er hat sich selbst Grade des
Blödsinns construirt und die wirkliche Erfahrung des
Hypnotismus darüber gänzlich aus den Augen verloren. Er
sieht sich ja grundsätzlich nichts an und liest wohl auch
nichts weiter von der reichhaltigen Litteratur hypnotischer
Experimente, als was ihm etwa flüchtige Zeitungsreporter
darüber berichten! Von einem Solchen wird sich die wahre
Wissenschaft am wenigsten belehrt erachten. (Vgl S. 481 Note.)
c) Eine indirecte Anerkennung des Spiritismus.
— In einem kritischen Artikel: — „Das Heidentum in der
römischen Kirche" — betitelt, ist von einem Ungenannten,
welcher der vorhergehende Hypnose-Verächter nicht sein
kann, der zweite Theil des gleichbetitelten Werkes von Th. Trede
(Gotha, Fr. A. Perthes, 1890) in „Die Grenzboten" Nr. 31
v. 31. Juli 1890 (Leipzig, Fr. Wilh. Grunotv,) besprochen,
worin uns folgende Stelle aufgestossen ist: — „Wenn es
demnach auch den Italienern gar nicht einfällt, nach dem
Wohlgeruch (in dem Kapitel: — „Olympischer Wohlgeruch",
woselbst über den Cultus des Franziskanerprovinzials
Giuseppe di Copertmo berichtet wird, dem nach der Legende *)
die Gabe des Fliegens zu Teil geworden war, und dessen
Leib — wegen seiner Reinheit und Jungfräulichkeit im
Leben — noch nach dem Tode einen wunderbaren Wohl-
gerueh ausströmte,) des seligen Josef von Copertin zu streben,
ihren Geistlichen am allerwenigsten, so liegt trotzdem in
der Legende dieses Heiligen und in seiner Verehrung ein
ganz entschiedener Bruch mit der hellenischen Lebensansicht,
(die sich keinen jungfräulichen Mann vorzustellen vermochte,
wie auch Goethe vollkommen richtig in seiner „Braut von
Korinth" zum Ausdruck gebracht habe). Nicht minder
unbegründet ist es, wenn Trede die 'Märlein' vom fliegenden
Josef nach dem Muster einer apokryphen Legende des Buches
Daniel fabrizirt sein lässt. Hier entführt ein Engel den
Propheten Habakuk durch die Luft; dieser wird also —
sofern man den Engel als Motor gelten lassen will, — auf
ganz mechanische Weise fortgebracht. Nach der fraglichen
*) Zur selbsteigenen Beurtheilung unserer Leser, ob man das
Recht hat, die Lehensgeschiehte des Joseph von Copertino eine Legende
oder gar ein Märlein zu nennen, verweisen wir auf Pastor Gentzel'B
einschlägigen Artikel über • ibn in „Psych. Stud." Juni-Heft 1877
S. 241 f. — Der Sekr. d. Äed.
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