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Kurze Notizen.
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italienischen Legende dagegen wurde Josef von Copertin durch
die innere Kraft seiner Liebe emporgerissen, und die Schwere
seines Körpers wurde durch die Lösung seiner Seele von
allen Banden irdischer Begierden aufgehoben. Berichtete
die Legende Wahres, so würde das innere, psychologische
Wunder weit grösser sein, als das körperliche, in dem jenes
seinen sinnlichen Ausdruck fand. Dazu kommt, dass dieses
körperliche Wunder in anderen Fällen als dem des Copertin
von unseren heutigen Spiritisten und naturwissenschaftlichen
Mystikern für beglaubigt angenommen und
'wissenschaftlich' erklärt wird; 'mediumistische Levi-
tation' (Verminderung des Körpergewichts oder Aufhebung
der Schwerkraft) lautet, wenn wir nicht irren, der Kunstausdruck
dafür. Ea sind Protestanten, und zwar theilweise
solche, die sich durch starke Abneigung gegen den
Katholizismus auszeichnen, Naturforscher und Philosophen
von bedeutendem Ruf, die sich zum Glauben an den
'Mediumismus' bekennen. Daraus folgt allerdings nicht, dass
solche Wundergeschichten wahr sind, wohl aber, dass ihre
Auffassung in der protestantischen G-elehrtenwelt einen
gründlichen Umschwung erfahren hat, dem Trede um des
wissenschaftlichen Werthes seiner Arbeit willen hätte Beachtung
schenken sollen." (S. 214—215.) — Mehr bedarf es
unseres Erachtens nicht, um von der Legende und dem Märlein
zu positiven Thatsachen und Geschehnissen durch spiritistische
oder mediumistische Beobachtungen und Experimente fortzuschreiten
. Daran hat's bisher in Gelehrten- und fachwissenschaftlichen
Kreisen am meisten gefehlt.
d) Herr P. Reichenbach aus Brandenburg, dem wir unsere
Kurze Notiz n) im vorigen September-Heft er. S. 439 verdanken
, berichtete uns des Weiteren unterm 2. Juli er.: —
„Heute will ich noch eine Mittheilung über eine zu unserer
Zeit in der alten Sorauer Superintendentur sich unendlich
oft wiederholende Erscheinung machen. Mittags um 12 Uhr
und Mitternacht wurde ein Mönch gesehen, welcher
lautlos und geräuschlos an unserer Magd vorüber ging, so
dass dieselbe sich weigerte, die alten Kellerräume um diese
Zeit zu betreten. Als zwei Waschfrauen in dem alten
Waschhause um 11 Uhr Abends ihre Arbeit begonnen hatten,
erschien Punkt 12 Uhr eine Mönchsgestalt mit Kapuze und
spitzem Hute, voll düsteren Blickes. Die Frauen nahmen
Reissaus und, erklärten, nie mehr vor Mitternacht das
Waschhaus betreten zu wollen. Selbst mein sehr aufgeklärter
Vater hörte oft in seiner Schlafstube über ihm in seinem
Studirstüblein den schlürfenden Gang einer Person. Er
eilte die Treppe herauf, verwies dem Mönch, er solle ihm
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