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Brandes: Pariser Plaudereien über spiritistische Erlebnisse* 495
der vierbeinige Tisch, frei gemacht und die Lampe auf den
kleinen Eckschrank gesetzt. Nach Allem, was ich von
spiritistischen Experimenten wusste, vermuthete ich, dass
wir im Dunkeln oder wenigstens im Halbdunkel operiren
würden.
„Am Tag erkennen, das sind Possen,
Im Finstern sind Mysterien zu Hau3 —"
lässt Goethe seinen Mephisto sagen. Weit gefehltl Die Lampe
blieb, wie sie war, und das imponirte mir. Wir nahmen um
den Tisch Platz. Mir wurde der Ehrensitz auf dem Bett
zu Theil. Freund S. hielt zunächst einen kleinen Speech
an die Geister, in welchem er sie bat, freundlichst zu der
Sitzung zu erscheinen. Dann richtete er noch einmal die
Frage an sie, ob ich ihnen ein willkommener Gast sei,
worauf der Tisch, auf den wir unsere Hände leise aufgelegt,
lebhaft klopfte und mir schliesslich auf den Leib flog. Ich
war ziemlich verblüfft, 6\ erklärte dies als eine Zustimmung
und als ein Zeichen der guten Laune der Geister. Es wurde
darauf gefragt, wer von diesen anwesend sei. Der Tisch
klopfte M~~a—u—s—i. So nannten wir in der Familie ein
geliebtes, vor Kurzem verstorbenes Töchterchen. In diesem
Augenblicke that es mir fast leid, zu der Sitzung gekommen
zu sein. Mir erschien das Ganze als eine Profanation.
Einmal aber hier, wollte ich wenigstens entdecken, welcher
Art der Motor der Bewegungen des Tisches war. Eine
Frage, ob der Geist meines Kindes sich in der neuen Welt
glücklich fühlte, wurde lebhaft durch den Tisch bejaht.
Nachdem ich den Widerwillen, mit Personen, die mir
im Leben nahegestanden, durch ein Tischbein zu verkehren,
überwunden, fragte ich, ob ich mich mit meinem verstorbenen
Vater unterhalten könne. Der Tisch rührte sich nicht.
Darauf die weitere Frage, ob er den anwesenden Geistern
bekannt sei, was bejaht wurde. Nun warf ich eine Frage
auf, die nach meiner Ansicht für mich über die Existenz
der materielosen Welt entscheidend sein musste. Weder
S. Vater, noch S. Sohn konnten, so glaubte ich, den Vornamen
meines Vaters wissen, von dem niemals in ihrer
Gegenwart die Rede gewesen war. Ich fragte die Geister,
da sie meinen Vater zu kennen vorgaben, welches sein
Vorname gewesen. Der Tisch klopfte L—e—o, und dann
rührte er sich nicht mehr. Ich erklärte, der Name sei nicht
vollständig. Aufs Neue wurde gefragt. Der Tisch blieb
bei „Leo", und in der That wurde mein Vater, der Leopold
hiess, in der Familie nicht anders genannt. Ich war starr.
Musste ich mir doch sagen, wenn, was auch nach den später
in der Familie angestellten Erhebungen für mich aus.
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