http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1890/0534
526 Psychische Studien. XVII. Jahrg. 11. Heft (November 1890.)
mystischen Erscheinungen u. s. w." und aus Adolf Bastian'*
Schriften neben eigenen Quellen geschöpft.
Uns speziell interessirten zunächst seine näheren Angaben
über Dr. Dees* Zauberkrystall, dessen, wie Verf.
nicht gewusst zu haben scheint, Andrew Jackson Davis in
seinem „Zauberstabe" (Leipzig, 0. Mutze, 1868) S. 313
Erwähnung thut in Verbindung mit einem Experimente
eigenen Krystallsehens, indem ein Dr, Maryatt unsern Davis
Mitte 1844 in einen weissen Krystall blicken Hess, welcher
im dunkeln Räume plötzlich aufzuleuchten begann und Davis
Landschaften und Lebensscenen vorgestaltete. Dr. Dee>
ein englischer Mathematiker, lebte von 1527—1608 und
benutzte als Seher einen gewissen Kelly, einen durch Ohrabschneiden
gebrandmarkten Verbrecher, welcher in dem
runden und ziemlich dicken Krystalle, der „Shewstone" oder
„Holy Stone" genannt, ganze dramatische Scenen sah, deren
angebliche Geister sich ihm sogar durch Töne verständlich
machten. Dr. Dee hinterliess einen Folioband über
„Crystallomancy", den Cagliostro ausgenutzt haben soll, nur
an Stelle eines Steines sich einer Wasserkaraffe bedienend,
wie in neuerer Zeit Frau Baronin Adelma von Vay zu ihren
„Visionen im Wasserglase" (1869—1875) *)
„In unserem Jahrhundert", sagt Dr. Dessoir, „bilden
nicht mehr Höfe und Universitäten den Schauplatz für das
Drama des Krystallsehens, sondern fast ausschliesslich die
Oirkel der Spiritisten. Der Spiritismus hat es verstanden
, eine grosse Anzahl psychologischer Thatsachen in
Beschlag zu nehmen, und hat dadurch die unbefangene
Prüfung sehr erschwert, dass er dem Neuling die Thatsachen
stets in Verknüpfung mit Geistertheorien darbietet.
Durch böse Erfahrungen gewitzigt, verhält sich das Publikum
ablehnend gegen alles, was von spiritistischer Seite kommt,
und übersieht nun leicht das Thatsächliche unter der Hülle
kritiklosen Gefasels." — Er führt nun Beispiele aus Justinus
Kerner's „Magikon" und aus Barttis Vorschriften über das
Krystallsehen an, aus denen erhellt, dass Beide unkörperliche
Wesen oder Geister in den Krystallen und Visionen
thätig wähnen, dass sogar Prof. Perty, welcher Referenten
kurz vor seinem Tode in einer besonderen Schrift wegen
seiner Erklärung derartiger Fälle durch eigene psychische
Kraft angreifen und widerlegen zu sollen glaubte, hinzufügt:
*) Man vergl. hierzu den Artikel von Roberl Wiesendanger in
Hamburg über „Das Krystallsehen". „Psych. Stud." August-Heft 1886
S. S39 £
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1890/0534