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6 Psychisch© Stadien. XVIII. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1891.)
Miss Annie Eva Fay In Leipzig.
Referirt
von Gregor Constantin Wittig.
I.
Nachdem Mr. H. Sidney Müller für das vorige December-
Helt 1890 der „Psych. Stud." über „Miss Fay in Hamburg",
wohin dieselbe von Berlin aus gekommen war, kaum
unserer Redaction berichtet hatte, tauchte die unter dem
Pseudonymen Deckschilde einer grossen Zauberin, resp.
Zauberkünstlerin oder „Fee" reisende Dame urplötzlich,
ehe wir noch ein Wort über sie in unserem etwas langsamer
mit fortschreitenden Monats-Journale verööentlichen
konnten, schon in unserem Leipzig selbst auf. Sie war
von Mr. Sidney Müller durch ein specielles Schreiben an
mich bald nach Ausgabe des November-Heftes mir noch
ganz besonders zur Prüfung empfohlen. Gleichwohl
suchte zunächst weder ich sie, noch die Dame mich in
Leipzig persönlich auf, weil sie die feindselige Stimmung
spiritistischer wie spiritualistischer Kreise sowohl in
Amerika, wie in England, Wien, Russland und zuletzt
in Berlin schon genugsam kennen gelernt hatte, so dass
sie von vornherein auch einem Vertreter „Psychischer
Studien" keine bessere Meinung über sich zutrauen mochte,
lieber ihre Wiener Erfolge hatten wir ja bereits im
Februar-Heft 1890 berichtet In Berlin hatte sich Herr
Dr. Egbert Müller schon unterem 15. October 1890 (s.
„Psych. Stud." December-Heft 1890 S. 566 ff.) abfällig über
ihr Auftreten als „spiritistisches Medium" ausgesprochen
und sich besonders darüber erzürnt, dass sie mit ihren
Leistungen auf eine gleiche Stufe mit den psycho-physischen
Leistungen des in Gegenwart Karl Wolter'* vorgegangenen
Resauer Geist-Spukes von einer Berliner Zeitung gestellt
worden war. Wir können ja Herrn Dr. Egbert Müller in
manchen Punkten beipflichten, dass sich z. B. dergleichen
echte Geist-Erscheinungen niemals kommandiren lassen,
sondern vielmehr von freien Stücken kommen; dass eine
schaustellerische Ausbeutung solcher Phänomene sich mit
den Offenbarungen einer höheren Geisterwelt nicht wohl
vertragen und daher eine Beziehung derselben auf verborgen
wirkende Geister nicht recht zulässig sei; aber Miss
Fay erhebt ja gar nicht den Anspruch, dass Geister durch
sie hindurch wirken, sondern sie giebt sich — zwar nicht
öffentlich, wohl aber in vertraulicheren Kreisen, — höchstens
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