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10 Psychische Studien, XVIII. Jahrg. 1. Heft* (Januar 1891.)
natürlich nicht öffentlich auftreten, weil ihr dann wohl
überall die polizeiliche Erlaubniss zur öffentlichen Vorführung
ihrer Experimente bestimmt versagt worden wäre.
Denn unsere Widersacher werfen beide Richtungen in einen
Topf. Sie begann also damit, den Vertretern der hohen
Polizei und der stets scharfsichtigen Presse eine Privat-
Seanee zu geben, um dieselben zunächst von der gänzlichen
Ungefährlichkeit ihrer Vorführungen zu überzeugen.
Wie überall, so operirte sie auch hier in Leipzig. Am
16. November 1890 erschienen denn auch in den beiden
Leipziger Hauptzeitungen nachfolgende Artikel: —
A. Im „General-Adzeiger für Leipzig and Umgebung" Nr. 318,
Sonntag 16. November 1890, Seite 4242s —
Die Experimente der Miss Fay. — Amerika ist
das Mutterland der Maschinen und der — modernen
Taschenspielerkunst. Aus Boston ist jene Amerikanerin,
von welcher wir bereits gestern berichteten, aus Boston,
wo lange Zeit das drüben gepflegte Geisterwesen allein zwei
Organe: — „Banner des Lichts" und „Geister-Forscher"
hatte. Miss Fay hat in Amerika gute Vorbilder genug
gehabt — wir erinnern nur an das Ehepaar Holmes — und
zweifelsohne hat sie allerdings auch lange fleissig probirt
und studirt. In der kleinen Soiree, die sie am Freitag vor
der hiesigen Presse gab, nahm die Dame auf einem Sessel
inmitten eines Zeltes Platz. Um jedes Handgelenk wurden
ihr feste Bänder gezogen und dieselben durch doppelten
Knoten geschlossen und vernäht. Für eine völlig innige
Verbindung der Bandage mit der Hand sorgte ein Heftpflasterstreifen
, welcher aufgeklebt wurde. Die Bandenden
wurden hierauf durch einen massiven Eisenring gezogen,
welcher in ein Brett eingelassen war, das fest am Podium
befestigt, gewissermaassen die Lehne des Sessels bildete.
In dem Ringe wurden die Bandenden verknotet und
schliesslich am Brette festgenagelt. Wie zu Zeiten ^eines
hochnothpeinliohen Halsgerichtes wurde nun aber auch noch
um den Hals ein Band gelegt, verknotet und dessen Enden
am Brette ebenfalls durch Nägel befestigt. Auch um die
Füsse wurde eine Schnur gelegt, deren langes Ende ein
Herr aus dem Publikum straff gezogen in der Hand behielt,
um jede etwaige Bewegung kontroliren zu können. So sass
die Amerikanerin da, fester gebunden als Karl Moor an den
Eichenast. Der Impresario legte ihr Tambourins, Schellen,
eine Guitarre, eine Mundharmonika und sonstige Spektakelinstrumente
auf den Schooss, schloss das Zelt, und a tempo
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