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Krepeika: Italische Dämonologie und Mystik. 21
Leben und Kraft die Welt durchströmte, und zwar so, dass
die im Schoosse der Erde verborgenen Schätze ihr gewaltsam
entrissen werden mussten. Der ,,mundus", auch als „mundus
Cereris" bezeichnet, barg auch den Erdensegen in sich; in
ihn wurden die Erstlinge der Früchte geworfen, und da die
Erde zugleich die die Saaten und die Todten emporsendende
ist, wurde derselbe zum ersten Male um die Erntezeit (am
24. August) geöffnet. Dieser Brauch entsprach einer
Todtenfeier im Herbste, wie solche vor dem Beginn jeder
Jahreszeit vorkommen. Diese bezogen sich auf die Todten-
welt in ihrer Gesammtheit.*)
Für den Einzelnen wurde am neunten Tage nach dem
Begräbniss das „sacrifieium novendiale" dargebracht. Der
Tag hiess auch „feriae denicales", weil die Unterwelt durch
vergossenes Blut (Sühnungsopfer, zuweilen Grladiatoren-
kärapfe) für den ihr zu entreissenden Todten versöhnt
werden musste.1) Die Bestimmung, dass die „feriae denicales*'
auf sogenannte „schwarze Tage" nicht anberaumt werden
durften, wie auch der Umstand, dass am Anfange des
Gebetes Janus, der Himmelspförtner, und Jupiter, der Seelenvater
, angerufen wurden,2) setzt ausser Zweifel, dass die
Feier den Zweck hatte, die Seele des Todten zum ewigen
Lichte zu geleiten. In den „acheruntischen Büchern" der
Etrusker war dargelegt, wie durch bestimmte Opfer die
Seelen zu Seelengöttern (dii animales) wurden.8) Die Zahl
9, welche der Geburt vorwaltet, erhält auch im „sacrum
novendiale" eine analoge Bedeutung; sie deutet auf die
stufenweise Läuterung der Seele hin. Im neunten Kreise
der „Hölle" befanden sich nach Servius die Seelen, welche
in das „Elysium" übergehen sollten.4) Hatte man dem
Todten sein Recht anzuthun versäumt, so dachte man sich
wahrscheinlich denselben in der Unterwelt weilend, bis der
mundus geöffnet wurde; denn es war für diesen Fall vor-
*) Hier in diesem urröraischen Brauche des „mundus" haben wir
offenbar wohl auch den Ursprung der mittelalte i Heben germanischen
Bausitte zu suchen, in Grundsteine von Burgen, Kirchen und
Häusern lebende Wesen oder Skelette von solchen heimlich einzumauern
, weil dies dem Baue vermeintlich Schutz vor zerstörenden
Mächten, also Segen und Dauer verleihe. Man vergliche damit noch
die römische Sage der Selbstopfetung des Marcus Lurtius durch seinen
Sprung in den Abgrund des Forum. —
An id. desJBekr. d. Eed.
') Serv. 1. c. V. 64. - Tac. „Ann." IV, 5. - Cic. „leg." II, 22.
*) Fab Max. öervilianus bei Macrob. „saturn." I, 16, 25.
») Labeo bei Servius 1. c. III, 168. — Serv. ad Jen. VIII, 398. —
Ärnob. „Adv. nat." IL 62. — Censorin. 1, c. 16.
*) Serv. I o. VI, 426.
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