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30 Psychische Studien. XVIII. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1391.)
durch die Suggestion — besser durch den fremden geistigen
Anstoss — hervorgerufene Modification der Duftbewegungen
des gekauten Objectes in den Geschmacks- und Geruchsorganen
des „Mediums" zu erblicken. Geschähe die Ver-
speisung der Kartoffel von der willenlosen Reflexmaschine
— Medium in vollständiger Geistesabwesenheit, besser
Zurückgezogenheit des Geistes, — lediglich in Folge des
fremden Willens „Du sollst!" ohne wirkliche Geschmacks-
modification, so würde die Reflexmaschme (Medium) den
Befehl wohl ausführen, aber doch mit dem seelisch instinctiven
Widerstreben, welches die Instinctwidrigkeit hervorrufen
müsste.
Im tageswachen Bewusstsein bringt Selbst- oder Fremdüberredung
übrigens gar nicht selten hie und da eine
„Geschmackstäuschung" hervor, und ich kann nicht anders,
als in solchen Vorkommnissen einen in die Augen springenden
directen Einfluss des Geistes — sagen wir der geistigen
Bewegung, — auf die Seelen-, das will sagen Duftbewegungen,
zu erblicken. Damit harmonirt vollständig die allgemeine
Annahme, dass der Geist im Stande ist, unseren Körper
— besser gesagt, Seele, — zu beeinflussen.
Wir haben hier in der kleinen Menschenwelt einen
alltäglichen Vorgang, der sein Analogon in der grossen
Gotteswelt findet; ich denke dabei an den für die Naturwissenschaft
bislang räthselhaften „ersten Anstoss" zu
materieller Bewegung. Dem Weltgeiste traute man diesen
Anstoss nicht zu, und doch übt man täglich, stündlich —
fast könnte ich sagen fortwährend — geistigen Anstoss zu
materiellei Bewegung aus. Das physikalische Gesetz von
der Erhaltung der Kraft bedarf in dieser Richtung einer
wesentlichen Modification.
Kehren wir zu unserem Thema zurück, so gelangen
wir zu folgendem Schluss: — Geistige Bewegung (Thätigkeit,
Vorstellung) ruft seelische Bewegung hervor, zunächst beim
gleichen Individuum, und wenn dessen Seele mit derjenigen
eines anderen Individuums in Oontact — Seelencontact —
geräth, so wird bei gleichartiger Duftbewegungsfähigkeit
jene eigenartige Bewegung sich in der Seele des verwitterten
Individuums fortsetzen und so auch im Geiste des letzteren
zu entsprechender Vorstellung gelangen, wenn dessen Aufmerksamkeit
nicht von lebhafteren Bildern in Anspruch
genommen ist.
(Fortsetzung folgt.)
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