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Krepelka: Italische Dämonologie und Mystik. 73
gestellt zu haben.1) Eine gewöhnliche Art, das Schicksal zu
befragen, bestand darin, dass man ein Buch zufällig aufschlug
und aus dem ersten Satze, den man darin las, den gewünschten
Aufschluss zog. Als Hadrimvasj ein in Born geborener
Spanier, die Aeneis zu diesem Zwecke aufschlug, fand er
folgende Verse des sechsten Gesanges, welche sich auf Numa
beziehen:2)
Aen. VI, 809 ff. (übersetzt von Dr. Wilhelm Binder): —
„Wer ist aber der Mann, der, prangend im Zweige des Oelbaums,
Feme das Heilige trägt? Wohl kenn* ich des römischen Königs
Haar und ergrauetea Kinn, der zuerst die Stadt durch Gesetze
Festigen wird, aus Cures, dem winzigen, armen Gefilde,
Hergesendet zu grosser Gewalt."
Hadrianus entnahm aus diesen Versen, dass er Kaisor
und Gesetzgeber des Reiches werden würde. Und er wurde
es in der That.
Julius Capitolinus erzählt, dass Clodius Albinus, die Aeneis
ebenfalls befragend, folgende Stelle (VI, 858ff.) fand: —
„Der wird Roni's Wohlfahrt im Gewühle des grossen Tumultes
Wahren und ritterlich dämpfen die Pöner und Galliens Aufruhr,"
Alexander Severus fand nach Lampridius auch die Ver-
heissung des Imperiums, und weil er sich den freien Künsten
zu widmen gedachte, erhielt er den Bescheid (VI v. 848ff.): —
Weicher im Guss mag Mancher die athmenden Erze gestalten
Du, .Romaner, gebiete des Erdbalis Völkern als Obherr.8)
Ueber die Wahrsagung durch Tische bei den
Römern, und die „miracula circulatoria" (Wunder durch
Kreisbewegung) wurde schon in der „Sphinx" berichtet.4)
Pyromantie oder „Wahrsagung aus der Opferflamme"
ward sowohl von den alten Griechen, als von den Römern
ausgeübt.
In dem Haine der Albnnea, der tiburtinischen Sibylle,
holten sich alle Stämme des alten Italiens Sprüche in der
*) Sueton. in „Tiber." c. 14.
2) Spart, in „Hadr." 2.
8) Der heilige Augustinus erwähnt und verdammt (ep. 55 ad
Januarium) diesen Aberglauben, desgleichen das Concii von Agda.
Weil man jetzt hierzu heilige Bücher brauchte, wurde er mit dem
Namen „sortes sanetorum" bezeichnet. Beispiele davon giebt Gregor
von Tours in seiner „Hist. Franc." IV, 0 und V, 49.
4) „Sphinx« II, 2, p. 116 u. V, 26 p. 134 nach Tertull. „Apolog."
cap. XXIII und seinem Commentator Patrolog. „Opera Tertull" I, p.
412. — Ammian. Marceil XXIX cap. 1 und 2. — Paulus Diaconus „De
rebus gest. Longob." XII und Sozomenus IV c. 35.
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