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84 Psychische Studien. XVItl. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1391.)
Man hatte uns die Ehre erwiesen, an der Tafel obenan
sitzen zu dürfen, einem in der damaligen Zeit sehr renom-
mirten Medium, der Frau Kühn gegenüber. In vielen Seaneen
hatte ich, Mitunterzeichneter, vielfach Gelegenheit gehabt,
schon früher die wunderbarsten, staunenerregendsten Manifestationen
in Privatzirkeln bei dieser Frau wahrzunehmen.
Es liegen von derselben allein achtzehn grosse, sehr starke,
eng beschriebene Quartbände vor, die mancherlei Gutes und
Schönes enthalten. Es ist Schade, dass, nach meiner Ansicht,
diese medianimischen Niederschriften, oder wenigstens ein
Auszug aus denselben, hindernder Verhältnisse wegen der
Menschheit nicht bekannt gegeben werden.
Schon beim Beginn der Tafelfreuden sollten wir wahrnehmen
, dass noch andere als die uns sichtbaren Intelligenzen
zugegen waren, indem in der Nähe des Mediums kleinere
Tischgeräthe, als Messer, GabeJn und dergl. von ihrer Stelle
verrückt wurden, so dass unser liebes Geburtstagskind, die
freundliche Gastgeberin, die wahrscheinlich schon früher
dergleichen erlebt haben mochte, anfing, um ihre Gläser
besorgt zu werden. Indessen konnten wir die Tafelfreuden
in heiterer und ungestörter Freude gemessen, und die
Besorgniss unserer liebenswürdigen Wirthin war /ax unserer
aller Freude für diesmal unbegründet.
Als indessen die Schmauserei beendigt war und die Gäste
sich von ihren Stühlen erhoben hatten, entstand in dem
unteren Theile des Salons ein starkes Gepolter, und der
grosse schwere Tisch, dessen ich schon Eingangs gedacht
habe, wurde, ohne von Jemand berührt worden zu sein,
umgestürzt, und was auf ihm lag und stand, zertrümmert.
Das Umwerfen geschah in zwei Abtheilungen. Zuerst wurde
der Tisch mit grosser Vehemenz auf die ringsumstehenden
Stühle und zum zweiten auf den Fussboden geworfen.
Diese kleine Episode, so unbedeutend sie an und für
sich auch sein mag, erregte dennoch bei den Anwesenden
viel Sensation, vorzüglich deswegen, weil der umgeworfene
Tisch weit entfernt von der Speisetafel stand und ihm auch
sonst kein Mensch zu nahe gekommen war. Mir kam die
Sache damals so vor, als wollten die lieben Intelligenzen,
denn dafür musste ich sie halten, sagen: — »Wir sind auch
fertig — gesegnete Mahlzeit!44 — Die Geladenen blieben nun
noch einige Zeit im traulichen Geplauder beisammen, und
so verlief das kleine Fest in der heitersten Weise. - Als
wir unseren Glückwünschen noch das „Amen" beigefügt
hatten, empfahlen wir uns dem liebenswürdigen Geburtstagskinde
, unserer freundlichen Wirthin, aufs Beste und verliessen
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