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104 Psychische Studie«. XVIII. Jahrg. 3. lieft. (März 1801.)
noch wie durch einen feinen Schleier sehen. Aber in dem
Augenblicke, wo der Vorhang ganz zugezogen wurde, stülpte
sich mir plötzlich der Blecheimer wie von zwei Händen
geführt auf den Kopf, so dass ich nur noch au meinem
eigenen Körper etwas herabblicken konnte. Dieser Unistand,
welcher mein Sehorgan von den Vorgängen im Kabinet
völlig ausschloss, gefiel mir allerdings nicht, und machte
mich höchst misstrauisch; aber ich erwog sofort, dass man
selbst bei der wissenschaftlich exactesten Beobachtung eines
Pulvergeschosses die Augen auch nicht direct vor dessen
Rohröffnung bringen darf, sondern hübsch seitwärts in
gebührender Entfernung halten muss, auch von der
Explosion selbst durch einen Stahl- oder Bronzemantel abgeschlossen
wird. Die inneren Vorgänge einer Explosion
sowie deren Geschwindigkeit muss man erst auf vielen
Umwegen zu erschliessen suchen. So auch hier, wo es sicli
bei einem möglicherweise echt mediumistischen Vorgänge
offenbar mit um nerven-eleklrisehe Vorgänge wie bei
Zöllner mit Mr. Slade handeln konnte. Unser Auge ist ja
selbst das stärkste lichtelektrische Organ und jedenfalls ein
derartige Entwiekelungen störender oder ablenkender Pol.
Dies veranlasste mich zu verschärfter Aufmerksamkeit
meiner übrigen Sinne. Ich war und blieb vollkommen
ruhig, ohne die geringste Aufregung oder Besorgniss, da
ich an die Echtheit der Miss Fay selbst noch nicht recht
glaubte. Aber schon wenige Sekunden nach dem Aufstülpen
des Blecheimers über meinen Kopf ging auch schon das
Rumoren, Klingeln, Blasen der Mundharmonika und
Klimpern der Guitarre los. Die Klingeln schwebten
schellend in der Luft an der hinteren Kabinetswand
entlang, dann zwischen Miss Fay und mir hindurch bis
zum Vorhange hin und her. Die Guitarre schob sich mir
auf die beiden Kniee und spielte dabei, ja ihr Griff kam
in die Höhe und legte sich mir oberhalb über beide Arme,
immerfort wie von Fingern gezupft und mir vor der Nase
spielend. Unter dem Blecheimer kam die Mundharmonika
an meinem Munde hin- und hergezogen vorüber, gleichsam
mich zum Hineinblasen auffordernd. Ich war absolut ruhig
und neugierig zugleich, was noch weiter kommen würde.
Furcht wandelte mich nicht im Geringsten an. Ich ging
von der Voraussetzung aus, Miss fay habe, wenn sie kein
echtes Medium sei, sicher eine ,;kleine kunstvolle Maschine6*
hinter sich verborgen, die sie mit ihren immer noch etwas
beweglichen Händen und Fingern von ihrem Rücken aus um
die Ecke ihrer rechten Hüfte herum dirigire, und mit der
sie alle diese Gegenstände kunstvoll hin und her bewege.
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