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Spanuth: Die „übersinnlichen*4 Verkehrswege. 131
müssen. So wird es z. B. auch nicht gelingen, Hypnose
ohne die mindeste Duftverbindung, die ja schon durch die
Uebersendung eines Briefes — am Briefe haftet der Indivi-
dualduft des Schreibers — nachzuweisen. „Magnetische
Striche", „Handauflegen", „Handgeben" u. s. w. genügen
für eine kurze Verwitterung bei harmonischen Seelen.
Obiger Satz nun muss die Basis sein, auf der wir weiter
forschen; er wird uns vor Täuschungen bewahren, welche
bei einer zu handgreiflichen Anschauung von der „Geister-
resp. Geisteswelt unausbleiblich sind.
Ich will es nicht unterlassen, schon heute den Weg
anzugeben, der uns zu ungeahnt wichtigen Resultaten führen
wird. Mir selbst fehlt leider die Gelegenheit, Experimente
auszuführen, welche — mit vollem Verständniss der Sache
ins Werk gesetzt — die Richtigkeit meiner Entdeckung
auch durchs Instrument beweisen werden.
Wie die Astronomen die „Nervenzeit" der Beobachter
messen, um die Differenzen als „persönliche Gleichung*'
in ihre Rechnungen einzustellen, so misst Prof. Dr. Gustav
Jäger die Nervenzeit vermittelst desselben Instrumentes
(Chronoskops), um Belebungs- oder Lähmungsaffecte durch
Duftwirkung festzustellen.
Um so feiner, feinbeweglicher ein Duft ist, welchen
wir in uns aufnehmen, um so kürzer wird unsere durch das
Chronoskop zu ermittelnde Nervenzeit. Dürfen wir Nerven
und Hirn aber als specifische Duftgefässe betrachten, —
denn sie selbst, d. h. ihre Peststoffe, führen die gemessenen
Bewegungen schwerlich aus, — und setzen wir für Nervenzeit
: Duftzeit, Seelenzeit, so ist es klar, dass wir auch die
„Geschwindigkeit" derjenigen Duftbewegungen zu messen
vermögen, welche über die Grenzen unseres Körpers hinausgehen
, wenn wir z. B, bei „Willensübertragungen" von einem
anderen Individuum unsere Befehle ausführen lassen. Die
Zeit, welche von der Abgabe des Befehls bis zur Ausführung
desselben verstreichen würde, müsste — allerdings etwas
modificirt — der Nervenzeit beider Individuen und der
Entfernung beider von einander entsprechend sein. Das,
was mir die Richtigkeit dieser Vermuthung im voraus zu
bestätigen scheint, ist die augenscheinlich mit der Duftbewegungsgeschwindigkeit
harmonirende Zeit, welche offenbar
bei telepathischen Ereignissen zwischen Erregung beim Urheber
und Erscheinung beim Empfänger liegt.
Mit der so von unserem Seelenleben gewonnenen Anschauung
musste natürlicherweise unser Begriff von der
Erhabenheit des Geistes über die Materie ganz bedeutend
steigen, gleichzeitig aber auch unser Verantwortlichkeits-
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