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Wittig: Der Kampf um Miss Fay in Magdeburg. J55
sagen, sondern nur durch den Augenschein und durch eigene
Wahrnehmung der von Herren aus dem Publikum angebrachten
, ununterbrochen controlirten, überaus complicirten
und, wie man denken sollte, jede Täuschung abschliessenden
Fesselung durchdrungen werden könnte. Darüber waren
jedenfalls alle Zuschauer einig, dass die unter den gegebenen
Bedingungen vollzogenen Experimente ihres Scharfsinns
spotteten." — „Bei den meisten ihrer Vorführungen sitzt
Miss Fay, am ganzen Körper bis zur Bewegungsunfähigkeit
gefesselt, mit dem Hals und den auf den Rücken gebundenen
Händen an eine Planke geschlossen, in einem grünen
Zelt u. s. w." — „Einer der kontrolirenden Herren nimmt
neben Miss Fay in dem Verschlage Platz; nach wenigen
Sekunden kommt er daraus hervor: ein Wasserkübel ist
ihm über den Kopf gestülpt, seine Hände sind gefesselt
, seine Manschetten beschrieben — eine Erklärung
für das, was mit ihm geschehen, vermag er nicht zu geben."
— In der Sitzung vor dem Zelt wurde schliesslich die
Gruitarre bis zu den äussersten Wirbeln aus dem Vorhange
h er ausgereicht und erklang, ohne dass man die Pinger sah,
welche die Saiten rührten". — Die Fesselung der Hände
des hier mit Miss Fay zusammen im Zelt sitzenden Herrn
ist ein neuer Zug, der in Leipzig nicht stattfand. Wohl
aber hat, wie ich mich erinnere, der erste Leipziger Zelt-
sitzer (vergl. „Psych. Studien" Januar-Heft 1891 S. 15,
Februar-Heft er. 8. o(>, 58 und 61) einen lauten Ausruf
gethan, als ob er gleich mir gekratzt oder gestochen würde,
sich aber über sein desfaisiges Erlebniss nicht öffentlich
näher ausgesprochen. Auch ich that dies in der Privat-
Seanee v. 24. November 1(S90 nicht, weil ich nicht genau
wusste, ob dieses Krallen eine Folge haben würde, und ich
den Schmerz erst beim Nachhausegehen wieder empfand.
4) Die „Volksstimme. Sozialdemokratisches Organ für
Magdeburg und Umgegend", 1. Jahrg. Nr. 149 vom
20. December 1890, bringt von ihrem ersten Correspon-
clenten, einem, wie wir hörten, zuverlässigen und wahrheits-
geüeuen Beobachter, einen Bericht über „Miss Annie Eva
Fay", welcher die nämlichen Phänomene aus beiden Seancen
vom J6. und I8. December zusammenfasste and in dem
Satze gipfelte: — „Und dabei ist über jeden Zweifel
erhaben, dass Miss Fay in ihren Fesseln geblieben ist, und
dass mit ihren Händen diese Dinge nicht gethan wurden.
Versenkungen u. s. w. gab es auch nicht, und die Möglichkeit
einer versteckten dritten Person ist völlig ausgeschlossen.
Geradezu veiblüffend wirkt es, wenn Miss Fay mit einem
Herrn und einer Dame aus dem Publikum vor dem Zelt
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