Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
18. Jahrgang.1891
Seite: 161
(PDF, 156 MB)
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du Prel: Der Nachtwandler.

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wandler geistig vorgeht, und ob sich vielleicht daraus neue
Schlüsse auf die so geheimnissvolle Natur des Menschen
ziehen lassen. Und zwar des Menschen überhaupt; denn
der Nachtwandler ist kein Ausnahmsmensch; wir tragen
sämmtlich in uns die Anlage, Nachtwandler zu werden.
Das beweisen wir im Grunde schon im Wachen insofern,
als unser Gehen in Folge langer Gewohnheit zu den
Thätigkeiten gehört, die unbewusst vollzogen werden, ja
welche um so besser geschehen, je unbewusster sie geschehen;
denn das Kind, welches das Gehen lernt und mit Bewusstsein
vollzieht, fällt jeden Augenblick zu Boden. Im normalen
Wandeln ist also zwar das sinnliche Bewusstsein vorhanden,
aber wir machen davon keinen Gebrauch; unsere Aufmerksamkeit
ist nicht auf den sehr complicirten Mechanismus
des Gehens gelenkt, und insofern zeigen sich hier schon
die ersten Ansätze zum Nachtwandeln. Bewusst bleibt uns
dabei das Motiv unseres Ausgangs und das Ziel, das wir
erreichen wollen. Ausnahmsweise kann es aber geschehen,
dass auch diese unbewusst werden, dass wir während des
Gehens einschlafen und doch mechanisch uns weiter bewegen,
wie eine aufgezogene Uhr. Galenus sagt, dass er eine ganze
Wegstunde schlafend zurücklegte und erst erwachte, als
er an einen Stein anstiess.1) Aehnliches kann ich aus
eigener Erfahrung bestätigen. Bei einem militärischen
Nachtmarsche legte ich ganze Strecken schlafend zurück,
stiess aber dann und wann an den Flügelmana, wobei es
dahin gestellt bleiben mag, ob das Schwanken von ihm
ausging, oder von mir. In solchen Fällen dauert also der
Innervationsstrom, der unsere Muskeln in Bewegung setzt,
fort, aber die Bewegung geschieht rein mechanisch, jedes
Hinderniss unterbricht sie und hat das Erwachen zur Folge;
Wahrnehmung und Zieibewusstsein fehlen. Die Aehnlichkeit
mit dem Nachtwandler ist also nur theilweise gegeben;
denn, wie wir sehen werden, zeigt er sowohl Wahrnehmung,
als Zieibewusstsein. Er weicht den Hindernissen aus, und
geht gerade auf das Ziel los, wo er eine bestimmte Handlung
vornimmt. Er ist also von einem Motiv geleitet, d. ii.
von einer Vorstellung. Der Nachtwandler schläft nun aber,
also muss ihm das Motiv, das Ziel und der Weg dahin als
„Traumbild" vorschweben. Daraus ergiebt sich die psychologische
Definition des Nachtwandlers: — er ist ein Mensch, welcher
träumt und seine Träume in Handlungen übersetzt Daraus
ergiebt sich aber auch die physiologische Definition: — der
Sitz unserer Vorstellungen ist das grosse Gehirn, unsere

x) Galenits: — „De motu musc." II. C. 4.

Psychische Studien. April 1891.

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