http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1891/0231
Reichel: Der Magnetismus eine Heilkraft.
225
der sogenannten Gelehrten mehr bewundern soll. Für die
Brodgelehrten gilt, was Niemand als Schiller treffender
schildert: — „Jede Erweiterung seiner Brodwissenschaft
beunruhigt ihn, weil sie ihm neue Arbeit zusendet, oder
ihm die vergangene nutzlos macht; jede wichtige Neuerung
schreckt ihn auf, denn sie zerbricht die alte Schulform,
die er sich mühsam zu eigen machte; sie setzt ihn in
Gefahr, die ganze Arbeit seines vorigen Lebens zu verlieren
u. s. w. Baron Hellenbach, der in Folge seiner
günstigen materiellen Verhältnisse das Glück hatte, unabhängig
sein zu können, und den Muth hatte, mit seiner
Ueberzeugung offen hervorzutreten, sagt in seinem Werke
„Geburt und Tod": —
„Lassen sich die Menschen in ihrer durchschnittlichen
Beschaffenheit überzeugen? Nach meiner unmaassgeblichen
Ansicht nur sehr wenige! Denn das setzt eben ein selbstständiges
Denken voraus, welches die Wenigsten besitzen;
sie denken fremde Gedanken, die ihnen geliefert werden,
wie Röcke und Schuhe, und richten sich nach der Mode.
Die Erscheinungen des Magnetismus und der richtigen
Visionen zu erklären, hält man für mauvais genre, das
genügt! Das würde ja den wissenschaftlichen Nimbus der
Bildung und Aufklärung kosten." —
Sehen will man den Magnetismus und mit einem Secir-
messer untersuchen, — aber Geistiges kann man doch nur
mit geistigen Augen sehen! — sehen können aber denselben
nur dazu in Folge ihres eigenartigen Nervensystems veranlagte
Sensitive. Dass die Erde sich dreht, weiss jeder,,
sehen aber kann es keiner, sondern die Analogie (Pendelschwingung
) beweist es; aber obgleich Tausende glaubwürdiger
Personen die wunderbare Heilkraft des Magnetismus gefühlt
haben, hält man ihn heute noch Seitens der meisten Gelehrten
für Humbug! Es ist unnütz, hier eingehend über
Magnetismus zu schreiben, da es ja vorläufig genügend gute
Werke darüber giebt, vor allem der „Arzt" von Andrew
Jackson Davis. Der Heilmagnetiseur Kramer in Wiesbaden,
Hofrichter in Dresden, Schröder in Leipzig U. S» VT* führen
in ihren diversen Schriften genug Atteste an, zum Theil
von amtlichen Personen contrasignirt, welche die wahrhaft
eminente Heilkraft des Magnetibmus beweisen,
Ich möchte nur einige Stimmen aus medicinischen
Kreisen anführen, aus denen zu ersehen ist, auf wie grosse
Widersprüche man in denselben trifft. So sagt Professor
Dr. med. Troll \ — „Könnten diese zerbröckelten Gebeine
und die so kalten Gestalten sprechen, so würden sie uns
mit tiefer Grabesstimme die Donnerworte zurufen: —
Psychische Studien. Mai 1891. 15
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1891/0231