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Kurze Notizen.
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finden wir folgende Nachricht über die schon 1526 ganz
baufällige Burg Stahremberg: — „In jener Zeit (1574) spielte
sich auf Stahremberg eine nicht allzu tragisch verlaufene
Teufelsbeschwörung ab, deren 'kurtze, wahrhafftige und
summarischer weiss beschriebene Historia* drei Auflagen
erlebte. Die leidende Heldin, eine Dienstmagd, war zu
Graz, durch den Widerstreit des alten und des neuen
Glaubens in ihr, verwirrten Sinnes geworden, 'oder die that
so', wie ein skeptischer Berichterstatter einfügt, und führte
sich nun bald christlich, bald unchristlich auf, hatte zweierlei
Wesen und Stimme, eine männlich grobe, 'schnoflete und
haisere', mit der sie fluchte, Kneiplieder und Gassenhauer
sang und über die katholische Religion schimpfte, und eine
'kleine', weiblich-sanfte, mit der sie tugendhaft sprach, betete
und über den Grazer Prädikanten klagte. Auch Krämpfe,
die Gabe zu weissagen und mehrere Sprachen zu verstehen,
stellten sich zur rechten Zeit ein. Der Kunst des leitenden
Operateurs, eines Wiener Jesuiten, gelang es natürlich bald,
vier Teufel zu vertreiben, die mit ausgiebigem Gestank von
Pech und Schwefel abgingen, — das Titelbild des Büchleins
zeigt deutlich, *ie Kauch und vier geschwänzte und ge-
flügelte Drachen dem Munde der Besessenen entfliegen, —
allein es waren natürlich noch mehr drinnen, die denn
auch durch Verstärkung der Beschwörungsdosis, 30 an der
Zahl, binnen zehn Stunden zum Entweichen gebracht wurden.
Der Ort, wo solches 'in beysein vieler vom Adel und anderer
ehrlicher Leut' geschah, war die Annenkapelle des Schlosses,
die zweite, gothische. Sie steckt heute bis an den Hals in
Schutt und Trümmern, über denen sich nur — ein feiner
und betrübender Anblick — die biossgelegten Steinrippen
des Gewölbes, noch fest zusammenschliessend, gleich einer
Krone erheben."
ff) Die Wünschelruthe in parlamentarischer Beleuchtung
. — Hamburg, 2. März. — Mit einem recht
sonderbaren Gegenstande, der „Wünschelruthe", beschäftigte
sich u. A. die jüngste Sitzung der Hamburger Bürgerschaft.
Es lag ein Senatsantrag zur Berathung vor, 3000 Mark für
Brunnenbohrungen auf dem Gelände des zu erweiternden
Centrai-Gefängnisses zu Puhlsbüttel zu bewilligen. Nun hat
sich herausgestellt, dass man daselbst bisher trotz aller
Bohrungen keine Wasserquelle aufgefunden hat. Kein
anderer als der freisinnige frühere Reichstagsabgeordnete,
der Tischlermeister G, R. Richter, welcher zur Zeit Vice-
Präsident der Hamburgischen Bürgerschaft ist, machte
allen Ernstes den Vorschlag, an Stelle der Bohrungen einmal
die — „Wünschelruthe" zur Auffindung von Wasser anzu-
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