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I
du Prel: Ilartmann contra Aksakow. 259
— „Animismus und Spiritismus"*) —. Darin weist er nach,
dass die Spiritisten selbst es waren, die zu Anfang der
Bewegung die Harimanrische Theorie aufgestellt haben, dass
aber die Thatsachen allmählich über diese Theorie hinausgewachsen
und den Ring derselben gesprengt haben. Nur
ein Theil der Phänomene lasse sich aus der unbewussten
anima des Mediums erklären, — Aksakow nennt dieselben
animistisch; — ein anderer Theil aber finde seine zureichende
Erklärung nur in der Thätigkeit unsichtbarer Intelligenzen,
und das seien die eigentlich spiritistischen Phänomene.
Hartmann hat also ein Entweder-oder aufgestellt; Aksakow
verwandelt es mit Recht in ein Sowohl-als auch.
Diese Zurückführung der Phänomene auf zweierlei
Ursachen — das Unbewusste des Mediums und Geister —
enthält einen Dualismus, der aber aus logischen Gründen
ganz unabweisbar ist. Der Mensch kann nämlich durch
den Tod nicht plötzlich werden, was er niemals war. Er
kann nur in dem einen Falle durch den Tod ein bewusster
Spirit werden, wenn er schon zu Lebzeiten unbewusst ein
Spirit war. Der Tod kann eine Dematerialisirung der Seele
nur dann sein, wenn der Mensch in seiner irdischen Erscheinungsform
die Materialisirung einer Seele war. Die
Fähigkeiten und Kräfte der Spirits müssen also in unserem
eigenen Unbewussten latent liegen, und wenn sie bei uns
in abnormen Zuständen in die Erscheinung treten, müssen
sich Analogien zeigen zwischen solchen animistischen
Phänomenen und den eigentlich spiritistischen. Aksakow
zeigt also, dass beide Gebiete zu Recht bestehen, sowohl
Animismus als Spiritismus, und sucht die Stelle zu finden,
wo der Trennungsstrich gezogen werden muss.
Aksakow ist vielleicht der gründlichste Kenner des
Spiritismus und darum sicher berufen, die Frage zu entscheiden
, ob es eigentlich spiritistische Phänomene giebt.
Die Art, wie er diese Frage bejaht, ist wahrlich überzeugend
genug; sie wäre aber noch überzeugender geworden, wenn
er — was freilich einen dritten Band erfordert hätte — die
Definition der uns unbewussten anima vorgenommen hätte.
Die Thatsachen, aus welchen sich diese Definition ergiebt,
sind weit älter als die des Spiritismus. Es sind jene, welche
schon die alten Aegypter und Griechen kannten, die aber
im Abendlande erst durch Mesmer und seine Schüler experimentell
erforscht wurden: die Thatsachen des Somnambulismus
. Ein solcher dritter Band hätte vielleicht eine Ver-
*) (Leipzig, Oswald Mutze, 1890.) 2 Bde. Mit 10 Licbtdrucktafeln.
Preis: 8 Mark, solid geb. 10 Mark.
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