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du Prel: Hartmann contra Aksakow.
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Schein erzeugen, als ginge er mit den Spiritisten von der
gleichen Prämisse aus: Fortdauer des Unbewussten. Dann
aber stellt er uns als Leute hin, denen es nur an logischer
Besonnenheit fehlt, um bei einem solchen Jenseits anzulangen
, welches aus seinem Unbewussten allerdings folgt,
aber nicht aus dem unsrigen.
Der besonnene Leser wird sich aber durch Hartmanrüs
Schrift nicht verblüffen lassen; so oft er auf die Worte
„das Unbewusste" und „das somnambule Bewusstsein"
stösst, wird er sich sagen, dass Hartmann damit etwas
anderes meint, als die Spiritisten. Ich habe oben in Bezug
auf die Unsterblichkeit gesagt, dass der Mensch schon im
Diesseits unbewusst ein Spirit sei; ich habe aber nicht
gesagt, dass er ein unbewusster Spirit sei. Dies aber wäre
im Hurtmann'schQn Sinne meine Ansicht gewesen. Er sagt: —
„Wenn der Geist als individueller nach dem Tode fortdauern
sollte, so kann er nur als schlechthin bewusstlos
fortdauern; denn wenn er das oberste, das Grosshirnrinden-
bewusstsein verliert, so wird er die niederen Bewusstseine,
bis herab zum Zellen- und Atombewusstsein seines Leibes,
erst recht verlieren... Dasjenige aber, was angeblich durch
sie (die spiritistischen Erfahrungen) erwiesen werden soll,
die Fortdauer erinnerungsfähiger organischer Reste ohne
Geist und Thatkraft, würde eines der schauerlichsten und
widerwärtigsten Kapitel des Pessimismus abgeben, wenn
man es nicht als eine Ausgeburt phantastischen Aberglaubens
bei Seite zu schieben berechtigt wäre" (69, 72). —
\V ir Spiritisten verwahren uns aber gegen die Paternität
einer solchen Ausgeburt; das Kind ist Hartmann's Kind,
nicht das unsrige. Auch die angebliche sittliche Unzurechnungsfähigkeit
der Geister (74) gilt eben nur, wenn
das von Hartmann gemeinte Unbewusste später ein Geist
würde; denn bekanntlich zeigen die magnetischen Somnambulen
— von denen Hartmann nichts weiss — nicht nur
eine intellectuelle, sondern auch moralische Steigerung.
Schliesslich sagt Hartmann: —
„Unter diesem Gesichtspunkte erscheint die spiritistische
Praxis als eine körperliche, geistige und sittliche Gefahr,
als ein vorwitziges Spiel mit gefährlichen und unheimlichen
Mächten ohne Sinn und Zweck, Kirche und Polizei hätten
daher allen Grund, einem solchen verwerflichen Unfug nach
Kräften zu steuern, wenn sie es nicht mit Recht vorzögen,
diese krankhafte Ausgeburt einer überhitzten Phantasie der
sozialen Naturheilkraft und der Medicin zu überlassen"
(W). -
Dieses Schielen nach der Polizei kommt nun allerdings
Psychische Studien. Juni 1891. 18
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