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Handrich: Materialisation ohne Kabinet. 291
Thüröffner in Bewegung gesetzt wird. Ueberdies drehte
ich auf Wunsch der Dame des Hauses die Schlüssel zu
den nach dem Wohnzimmer und auf die Estrade führenden
Thüren ab und löschte die Gasflammen an dem von der
Decke herabhängenden Kandelaber, so dass das Zimmer
nur schwach von dem von der Strasse hereindringenden
Lichte der eleetrischen, dem Hause gegenüber stehenden
Strassenlaterne beleuchtet wurde.
Zwischen uns drei, in einer Reihe nebeneinander
sitzenden und gegen das Fenster Front machenden Personen
und den Fenstern selbst befand sich weiter nichts als ein
Blechtubus (ein von einem Klempner gefertigtes, aus Blech
bestehendes, konisch geformtes Rohr von drei Fuss Länge;
am einen Ende beträgt die Oeffnung 4x/2 Zoll, am anderen
1 % Zoll Durchmesser), welchen ich selbst aufrecht auf den
den Boden des Zimmers bedeckenden schweren Teppich
stellte. Auf die laut gestellte Frage der einen der Damen:
— „Soll Freund //. die Sitzung mit einem Vaterunser
eröffnen?" — Hessen sich irgendwo im Zimmer drei Schläge
vernehmen. Nachdem ich der Aufforderung Folge geleistet,
unterhielten wir uns über die möglichen, uns zu Theil
werdenden Offenbarungen unserer unsichtbaren Leiter und
Freunde, und da sich alles ruhig zu verhalten schien, so
intonirte die Dame des Hauses eine Melodie, welche wir
mezzo voce begleiteten, um nicht durch lauten Gesang die
Aufmerksamkeit der übrigen im Hause sich befindenden
Personen auf uns zu ziehen. Bei diesem Anlass fällt mir
immer ein, wie Nikodemus den Vermittler zwischen Gott
und den Menschen nächtlicherweile und im Geheimen besuchte
, um die Offenbarungen aus dem Jenseits durch die
Mediumität Christi entgegenzunehmen. Nach wenigen Minuten
setzte sich das Rohr in Bewegung, kam schwankend, von
unsichtbarer Kraft geleitet, auf mich zu. Nun reichten
wir uns, auf unseren Sitzen verharrend, die Hände und
bildeten dergestalt eine Kette, worauf das Rohr, nunmehr
bei mir angelangt, mich drei Mal hintereinander an das
eine Knie schlug; darauf setzte es seinen Weg fort und
wiederholte die nämliche Manipulation bei der neben mir
sitzenden Dame des Hauses, dann bei deren Schwägerin,
und nachdem es wieder an seinem vorigen Platze angelangt
war, legte es sich ohne sichtbaren Beistand der Länge nach
auf den Teppich. Während wir uns über das Gesehene
unterhielten, bildete sich oder, besser gesagt, tauchte aus
dem Dunkel des Zimmers eine bläuliche Flamme auf.
dip, auf uns zuschwebend, eigenthümlich gegen das weisse,
in das Zimmer fallende clectrische Licht contrastirto.
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