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294 Psychische Studien. XVIII. Jahrg. 7. Heffc. (Juli 1891.)
Ein internationaler Census von Hallucinationen.
Von Frederic W. HL ülyers, M. A.,
Ehren - Sekretär der Londoner „Society for Psycliieal
Research", Leckhainpton-House, Cambridge.
(Auf Anregung des Herrn Herausgebers aus Murray**
„Magazine", December 1889, „... Vol. VI, Nr. XXXVI,
pag. 746—758) ins Deutsche übersetzt
von Gr. C. Wittig.)
IL
(Schluss von Seite 250.)
Nachdem Fragebogen B einen Bericht über das
wirkliche Erlebniss erbeten hat, geht er zu der Frage über,
ob der Wahrnehmende — die Person, welche die Hallu-
cination hatte, — zur Zeit derselben in Kummer oder Sorge
war? Kummer und Sorge werden gewöhnlich als stark
prädisponirende Ursachen für Hallucinationen vorausgesetzt;
und ohne Zweifel sind sie das bis zu einem gewissen
Umfange. Aber das Resultat unserer bisherigen Sammlungen
— sowohl von Mr. Gurney's Census wie vor) vielen
anderen auf verschiedenen Wegen angestellten Nachforschungen
— war der Nachweis, dass der Einfluss dieser
moralischen Ursachen gewaltig übertrieben worden ist, und
dass Gretnüths-Hallucinationen (um sie so zu nennen) nur
einen kleinen Theil der Gesammtzahl bilden. Und hier
nähern wir uns dem sonderbarsten Punkte in der ganzen
Forschung, dem Beweise nämlich, dass des Wahrnehmenden
Hallucination oft nicht seinem eigenen Zustande, sondern
dem Zustande irgend einer anderen Person entspringt. Die
nächste Frage auf Bogen B lautet nun; — „War der
Eindruck der von Jemandem, den Sie zu sehen gewohnt
waren, und wissen Sie, was er oder die Person zur Zeit
thaten?" — Nun wird in einer Anzahl von Fallen, welche,
wie gegenwärtig feststeht, eine bei weitem zu grosse ist, um
sie mit Zufall zu erklären, die Antwort auf diese Frage
jedenfalls lauten: — „die Person, deren Gestalt ich sah,
lag zur Zeit im Sterben, obgleich ich das keineswegs
wusste."
Man hätte erwarten sollen, dass Verwandte, welche an
einem Todtenbette die Wache halten, oder welche besorgt
eine Todesnachricht erwarten, einen imaginären Ton oder
ein Gesicht erleben würden. Aber keine gewöhnliche Er-
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