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300 Psychische Studien, XVIII. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1891.)
derselbe Wahrnehmende mehrere oder viele Uallucinationen
gehabt hat. Zuweilen scheinen sie alle blos subjectiv zu
sein und ereignen sich nur unter besonderen Gesundheitszuständen
. Zuweilen wird andererseits derselbe Wahrnehmende
mehrere Hallucinationen von mannigfaltiger Art
erlebt haben, die alle mit irgend einem äusseren Ereigniss,
das sie auf irgend eine Weise beobachtet oder dargestellt
haben, zusammengefallen zu sein scheinen. Und zuweilen
— und diese sind nicht die am wenigsten instruetiven Fälle
— wird derselbe Wahrnehmende irgend welche wahrsagende
und irgend welche täuschende Hallucinationen gehabt haben,
welche beiden Olassen bisweilen zur Zeit von seinen eigenen
Gefühlen von einander unterscheidbar sind, ehe noch das
Ereigniss bekannt wird.
Ich habe nur einige der wichtigeren Punkte, welche die
Census-Fragebogen ermitteln sollen, angedeutet. So weit
wird des Sammlers und der Wahrnehmenden Arbeit gehen;
die Aufgabe, die Zeugnisse zu wägen und zu analysiren,
ist eine weit verwickeitere und kann hier nicht beschrieben
werden. Es genüge, zu sagen, dass es immer unser Princip
gewesen ist, unser Material der Welt vollständig zu übergeben
, unseren Lesern (so weit wir dies können) dieselbe
günstige Gelegenheit darzubieten, sich mit uns em selbstständiges
Urtheil zu bilden, und sorgfältig alle Irrthümer
aufzuzeigen, in die wir uns selbst haben verfallen sehen.
Ich verspreche, dass wir unser Bestes thun wollen, die
Zeugnisse in solcher Form darzubieten, dass Andere im
Stande sein können, über ihren Werth ebenso zu urtheilen
wie wir selbst. Aber wir können keine Ziegeln ohne Stroh
bereiten. Der Erfolg der Untersuchung hängt in Wirklichkeit
ab von der Zahl der Personen, die wir überreden
können, eine gewisse Summe von Zeit, Unruhe und Takt
bei Sammlung von Zeugnissen erster Hand aus ihren
eigenen Bekanntenkreisen aufzuwenden. Unsere Volontär-
Gruppe thätiger und fähiger Sammler wächst beständig;
und wir bemerken, dass, sobald Einer nur tief genug
Einblick in den Gegenstand gewonnen hat, um seine
Wirklichkeit zu fühlen, sein Interesse ziemlich gewiss
fortdauern und sich steigern wird. Wenn wir erwägen, wie
viele Leute es giebt, welche eifrig noch mehr Licht über
die tiefsten Probleme suchen, so können wir ehrlich hoffen,
dass je mehr und mehr von ihnen zu der Einsicht kommen
werden, wie nur allein durch Sammlung von Thatsacheu,
und nicht durch Liebhaberei selmsüchtiger Wünsche oder
durch Spinnen von Phantasien, das ersehnte Licht schliesslich
gewonnen wird.
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