http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1891/0350
344 Psychische Studien. XVIII. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1891.)
„Viele haben dieses Wunder gesehen, noch mehr haben
davon gehört; es ist selbstverständlich unmöglich, und doch
sahen es alle Zuschauer. Hierauf gingen die amerikanischen
Küustier noch einen Schritt weiter. Zwei von ihnen machton
schnelle Skizzen von der Vorstellung in ihren auf einander
folgenden Stadien; der Dritte benutzte fleissig seine Kodak-
Camera und nahm ein Dutzend oder mehr Augenblicksbilder
in Negativen. Sie zogen sich zurück, um ihre so erhaltenen
Resultate mit einander zu vergleichen. Die beiden Skizzen
brachten im Wesentlichen dieselben Erscheinungen. Hierauf
entwickelte der Photograph seine Negative. Sie zeigten die
Zuschauer mit emporgehobenen Köpfen in Haltungen von
Neugier, Scheu und Schreck, emporstarrend und niederstarrend
je nach der Oertlichkeit der Handlung. Sie zeigten
den Gaukler, wie er gestikulirte, redete, hierhin und dorthin
wies: aber sie zeigten keinen Knaben, kein Tau, kein
Messer, kein Sichaufbäumen des Teppichs, kein Emporklimmen
, kein Verschwinden, keine abgeschlachteten Glieder
— mit einem Worte nichts als den nackten Gaukler und
das Stück Teppich. Dieses war der Bericht, den die
Camera von dem Vorgange gab* Was sollen wir also zu
all den Dingen sagen, weiche die Zuschauer sahen und die
beiden Künstler skizzirten? Die augenscheinlichste Erklärung
würde sein, dass Alle hypnotisirt waren. Aber ist
diese Erklärung eine endgiltige und befriedigende ?u —
Hierauf erklärt der Herausgeber des „Journals der
Gesellschaft für Psychische Forschung" in London, „dass
er ausser Stande sei, zu entdecken, auf wessen Autorität
die Darstellung beruhe, dass die photographische Camera
die Wunder wiederzugeben verfehlt habe, welche die
Leute in Gegenwart eines Indischen Fakirs gesehen zu
haben glaubten. Der daraus gezogene Schluss wäre, dass
die Zuschauer hypnotisirt und hallucinirt gewesen seien.
Ein solches sorgfältig angestelltes photographisches Experiment
würde ersichtlich einen bedeutenden Einfluss auf
unsere weiteren Untersuchungen haben, und die Gesellschaft
würde sehr erfreut sein, gelegentlich Näheres darüber zu
erfahren." — Mr. Hawthorne hat leider die ursprüngliche
Quelle nicht gekannt, aus der dieser Bericht von Frau
Dlaratsky geschöpft ist. Da die Kunst der Momentphoto-
graphie auch noch nicht alt ist, so wären vielleicht noch
die drei Künstler, oder wenigstens einer von ihnen, namentlich
zu ermitteln, falls die ganze Geschichte nicht die blosse
Erfindung eines amerikanischen Spassvogels sein sollte,
ähnlich der im Januar-Heft 1886 S. 22 ff. von uns berichteten,
was man hier in Anbetracht anderer, von uns bereits
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1891/0350