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Kiesewetter: Duplik gegen Herrn H. Postel in Philadelphia. 377
erwarten konnte; ja die Schilderung der im brauenden
Nebel liegenden schneebedeckten Alpenwelt am Todestage
Alfred's gehört wohl zum Grossartigsten, was die deutsche
Literatur auf diesem Gebiete aufzuweisen hat.
Duplik gegen Herrn H. Postel in Philadelphia.
Von Carl Kiesewetter in Meiningen.
Motto: —
„Ja, wenn man's nicht ein bischen tiefer wüsste!"
Mephistopheies.
Im Juli-Heft 1891 sucht mich Herr Postel wohlmeinend
zu belehren, wie ich mich seinen „Ideen" gegenüber zu verhalten
gehabt hätte. Ich bin ihm dafür zwar sehr verbunden
, halte dies aber für meine eigenste Angelegenheit.
Dass übrigens die „Ideen" des Herrn Postel klarer sein
könnten, geht daraus hervor, dass er Astralkörper, Karma,
thierischen Magnetismus u. s. w. für ein und denselben
Gegenstand hält.
Nun aber giebt er mir mit seinen historischen Kenntnissen
den Todesstoss, indem er sagt: — „Nun ein anderes
Bild. Die keusche Susanne*) im Dome zu Er für t verkündet
den Gläubigen an jedem Ostersonntag-Morgen, 'dass
Christus erstandenV Sie erleuchtet aber auch diejenigen,
die dafür empfänglich sind (Aha!), mit dem Licht der
Erkenntniss. (Eine Glocke, welche erleuchtet, ist ja ein
^ranz merkwürdiges Erzeugniss menschlicher Industrie!) Zu
ihren Jüngern (sie!) gehörten Copernicus, Dr. M. Luther
und Theophilus Basilius. Der Letztere wirkte am Pusse
des Thüringer Waldes zwischen Ilmenau und Bad Elgersburg
. Er schrieb 1484 ein Werk über 'Die siderischen
Kräfte des Makrokosmus'. Dasselbe erschien 1511 gedruckt
in Hamburg, ein Buch so dick wie eine alte Bibel, und
wurde geschrieben zur Zeit, wo man noch ein V anstatt
einem U in der deutschen Sprache gebrauchte." (Eine
Bemerkung, welche auf die grossen bibliographischen und
textkritischen Kenntnisse des Herrn Postel schliessen lässtl)
„Herr, dunkel ist der Rede Sinn lu Wie kommt Copernicus
nach Erfurt? Und von dem, was Herr Postel über
den angeblichen Theophilus Basilius und sein 1511
in Hamburg gedrucktes Buch sagt, ist auch nicht
*) Herr Postel meint nämlich die 275 Centner schwere grosse
Glocke auf dem einen Thurme des Erfurter Domes; dieselbe heisst
aber nicht Susanne, sondern Maria gloriosa. — C. K.
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