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du Prel: Zur Mystik im Irrsinn
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schau und Selbstverordnung, — soweit sie im künstlichen
Somnambulismus vorkommen sollen, besitze ich keine Erfahrung
" (119). Er hat auch offenbar nie einen Magnetiseur
thätig gesehen, sonst könnte er nicht sagen, das Magnetisiren
sei ein gegenseitiges „Anschmiegen und Berühren an den
delikn testen Körperstellen" (114); er kennt endlich nicht
den Unterschied zwischen Magnetisiren und Hypnotisiren,
und sagt selber: — „Es ist mir nicht recht klar, in wie
fern sich die künstliche Magnetisirung von den jetzt
sogenannten suggestiven Heilmethoden mit und ohne
Hypnose wesentlich unterscheidet" (112)!! Diese seine
Unklarheit will er sodann auch auf mich übertragen und
sagt: — ,,Ich glaube mich nicht zu irren, wenn ich annehme,
du Prel erfreut sich in diesem Punkte selbst nicht der
wün schenswerthen Klarheit." — Zum Belege dieser Behauptung
— gegen die ich mich verwahre — führt er
sodann ein Oitat an, aber nicht von mir, sondern — von
einem Anderen. Hier haben wir also eine ganze Reihe
von Lücken im Wissen des Herrn Dr. Specht, und diese *
liegen alle innerhalb seines Gebietes, nicht, wie bei mir,
ausserhalb.
Was endlich das spiritistische Wissen des Herrn
Dr. Specht betrifft, so finden wir bei ihm den Satz: —
„Noch unbegreiflicher, für Nichtspiritisten wenigstens, ist
die von du Prel beliebte — in unserer Zeit wahrscheinlich
nur noch von ihm allein beliebte — Unterscheidung zwischen
Irrsinn und Besessenheit" (96). Diese Unterscheidung
belieben aber ausser mir noch etwa 15 Millionen Menschen,
nkmlich sämmtliche Spiritisten, und Herr Dr. Specht beweist
mit seinem Satze nur, dass er nie ein Medium gesehen hat
und die spiritistische Literatur nicht kennt. Er ist also in
der Philosophie schlecht, im Spiritismus und Somnambulismus
aber gar nicht bewandert, d. h, er hat gar keinen
Beruf, mich zu kritisiren.
Was dagegen mich betrifft, so wäre, selbst wenn alle
Angriffe des Herrn Dr. Specht unwiderleglich wären, nur
ein geringer Theii meiner philosophischen Anschauungen
davon betroffen, und meine Wissenslücke beträfe nur eben
meinen psychiatrischen Abstecher. Das giebt Dr. Specht
in seiner Vorrede sogar selber zu mit den Worten: — „Ich
halte dafür, dass er ganz gut von den Thatsachen des
Irrseins absehen kann, ohne im Geringsten seine Hypothesen
beschneiden zu müssen." — Ich meinerseits aber kann ihm
eine solche Concession nicht machen. Ich verlange von
einem Arzt philosophische Bildung, und wenn er gar den
Somnambulismus nicht kennt, so belegt er damit die Worte
Psychische Stadien. August 1891. ?5
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