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Wittig: In Memoriam Wilhelm Weber's f.
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Mir liegt eine Schrift in 4° gebunden vor, betitelt: —
„Principien einer eleetrodynamischen Theorie der
Materie" von Johann Friedrich Karl Zöllner (Leipzig,
Wilh. Engelmann, 1876) — mit einem guten photographischen
ßildniss Wilhelm Weber's, geb. d. 24. Öctober 1804 zu
Wittenberg, mit Zöllners Widmung zu Weber\ 50jährigem
Doctor-Jubiläum am 26. August 1876 in Verehrung und
Freundschaft." Diese Schrift kann man als des so eben
Dahingeschiedenen besten Nachruf bezeichnen, denn sie
enthält in nuce die Schilderung aller grossen Errungenschaften
und Entdeckungen dieses Meisters der Electricität.
Sie enthält die Werke des Dahingeschiedenen in chronologischer
Reihenfolge. In dieser Schrift von 1876 ist noch
nicht die Ahnung von einer Bekanntschaft Zöllner's mit dem
modernen Spiritualismus und Spiritismus, den er erst im
Jahre 1877 mit Slade's Person kennen lernte, und doch
findet sich in ihr bereits die ganze Theorie der vierten
Raumdimension streng mathematisch entwickelt, und zwar
angeregt durch Aussprüche bedeutender Naturforscher,
z. B. Kaufs, Riemann's ßrobisch's u. a. Wir citiren hier das
Motto Wilhelm Weber's, das Zöllner aus einer Abhandlung
desselben „Ueber die Bewegung der Electricität in Körpern
von molecularer Constitution" 1875 geschöpft und dieser
seiner Schrift mit vorangestellt hat: — „Die wahre Constitution
der Körper und die davon abhängigen wahren, wenn
auch complicirteren Vorgänge, die von einfacheren Vorgängen
doch nur theilweise vertreten gedacht werden können, werden,
aller Hindernisse ungeachtet, doch immer Gegenstand und
letztes Ziel der Forschung bleiben." — Zöllner aber erklärte
schon damals S. LXXVI: — „Wenn man so häufig behaupten
hört, man könne sich eine vierte Dimension des
Raumes nicht vorstellen, so behaupte ich die gleiche
Unmöglichkeit von der dritten Dimension. Was wir
nämlich als Vorstellung oder Anschauung der dritten
Dimension bezeichnen, ist nichts anderes, als die Vorstellung
oder Anschauung von veränderlichen Wirkungen
der Objecte auf uns, die wir durch Annahme jener dritten
Dimension widerspruchslos in Zusammenhang bringen, d. h.
erklären oder begreifen können. Es kann sich also nur um
die Frage handeln, ob wir uns solche veränderlichen
Wirkungen der sinnlich wahrgenommenen Dinge auf uns
und auf einander vorstellen können, welche widerspruchsfrei
nur durch die Annahme einer vierten Dimension des
Raumes erklärt werden könnten. So lange derartige
Wirkungen (Erscheinungen) empirisch nicht beobachtet
worden sind, können wir uns dieselben durch Analogie
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