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Kurze Notizen.
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hatte eine Wahnsinnige vor sich, und so blieb nichts übrig,
als die Arme auf die Irrenabtheilung des städtischen
Spitals zu bringen. — Wir haben hier in diesem Berichte
offenbar ein echtes, aber von seiner Umgebung total unverstandenes
Medium vor uns, das in der Irrenabtheilung
des städtischen Spitals schwerlich einer richtigen Beobachtung
und Behandlung, sondern vielmehr der Zwangsjacke entgegengeht
g) Herr Pastor em. Reichenbach berichtet uns noch
folgende selbsterlebte Fälle: — Der König von Sachsen,
August der Starke, welcher so stark war, dass er mit
Leichtigkeit ein neues Pferdehufeisen zerbrach, hatte eine
Geliebte, Aurora von Königsmark. Er kaufte ihr das Schloss
Plauen. Von ihr stammen die Grafen v. Königsmark, welche
noch heute das Schloss mit den dazu gehörigen Ländereien
besitzen. Und nun zur Sache. Der mir als wahrheitsliebend
bekannte Maler und Tapezier Döbusch hat mir erzählt, dass,
so oft er im Schlosse Arbeit hatte und dort übernachtete,
ihm regelmässig der alte Graf erschien, ihn schweigend eine
Zeit lang ansah und dann wieder verschwand.
h) Noch etwas. Im Hause des Pfarrers an der hiesigen
Paulikirche ist ein Zimmer, in welchem Niemand die Nacht
zubringen kann, solches Lärmen, solches Getöse ist, besonders
in der Mitternachtsstunde. Eine Magd, die aus
Landsberg zur Pfarrfrau gekommen und von derselben in
diesem Spukzimmer untergebracht war, konnte nicht schlafen,
weckte die Herrschaft und bat um Gottes Willen, dass sie
mit ihren Betten in einem anderen Zimmer nächtigen dürfe,
was ihr auch gestattet wurde. Es ist dabei zu bemerken,
dass sie von Niemand vorher von dieser Spukgeschichte
etwas hatte erfahren können. —
P. Reichenbach, Brandenburg a. H.
i) Mein zweiter Schwiegersohn, Dr. John, litt an Diabetes
und lebte mit meiner Tochter in Homburg a. d. H. Als
ein ausserordentlich tüchtiger Klavierspieler hatte er sich
ein herrliches Pianino gekauft, das seine ganze Freude war.
Aber er genoss dieselbe nicht lange, er bekam Lungenentzündung
, und am dritten Tage war er todfc. Während
er starb, ging ein Zittern und Dröhnen durch das Instrument,
als wenn alle Saiten sprängen. Niemand war im Zimmer;
meine Tochter sass bei dem Sterbenden, dessen Gesicht
sich freundlich lächelnd verklärte, bis in wenig Momenten
der Tod eingetreten war. Was soll man hierzu sagen, wie
soll man dies erklären? Wie ist ein solcher seelischer
Einfluss auf Körperliches, ich meine hier das Instrument,
möglich? — P. Reichenbach.
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