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454 Psychische Studien. XVIII. Jahrg. 10. Heft (October 1891.)
Fähigkeiten an einem bestimmten Abend in der Woche in
der Wohnung eines der Gesellschaft angehörigen Mitgliedes
zusammentreffen. Trotz seiner daselbst gesammelten Erfahrungen
, und trotzdem er überzeugt war, dass die
Phänomene weder auf Täuschung, noch Betrug beruhten,
zweifelte Davis, dass dieselben ihren Ursprung in den von
Geistwesen ausgehenden Manifestationen und ihrem Eingreifen
in unsere Sphäre haben. Er schrieb dieselben
unbekannten Kräften, dem animalischen Magnetismus, den
unbewussten Aeusserungen der Gehirnthätigkeit der Anwesenden
und anderen gebräuchlichen, wenn auch nichts
erklärenden Hypothesen zu. Er wurde sogar aggressiv und
fiel gerade in dem Zeitpunkt, wo er den gerechten Unwillen
der dem Kreise angehörigen Mitglieder und der Spiritualisten
im allgemeinen herauf beschworen, den Lemuren anheim,
und der Paulus war fertig. Was Wunder, wenn ausser den
persönlichen Zeugen der stattgefundenen Wandlung ihm
Niemand glaubte, und die Spiritualisten und Investigatoren
in seiner ergangenen Einladung eine Mystificirung ver-
mutheten, eine Falle, um die Gläubigen zu fangen und dem
Gespött der Gegner preiszugeben. Was mich anbetrifft,
so glaubte ich berechtigt zu sein, auf Grund seiner mir
mündlich und schriftlich gemachten Darstellung des Sachverhalts
ihm Vertrauen schenken und der EinladuDg, mit
dem Vorsatz parteiloser Beurtheilung der in Aussicht
gestellten Manifestationen, Folge leisten zu können.
Diese erste Seance wurde ebenso, wie die zweite, am
23. Juli er. stattgefundene, in dem geräumigen Salon der
Wittwe Torvers abgehalten. In Folge der bedeutenden
Anzahl der von der Dame des Hauses, sowie von dem
Medium, geladenen Freunde kam ich ziemlich entfernt von
der vermittelst einer dunklen Gardine abgespannten
Zimmerecke zu sitzen, von wo aus sich die unsichtbaren
Intelligenzen zu manifestiren versprachen. Natürlich
untersuchte ich auch bei diesem Anlasse vorerst den Boden
und die mit schwarzem Stoffe bedeckten Wände, bevor sich
das Medium {Davis) hinter die Gardine begab, woselbst er
ungefesselt sich auf einen einfachen Rohrstuhl setzte und
alsbald in Trance (d. h. unbewussten hypnotischen Zustand)
verfiel. Die Anwesenden sangen ein bei solchen Anlässen
gebräuchliches Lied.
Kaum waren die ersten Strophen verklungen, unterbrachen
Ausrufe der Bewunderung den Gesang. Vor der
Gardine blitzten Lichter auf. Ein förmliches Wetterleuchten
erhellte den in Dunkel gehüllten Salon. Es sprühte Funken,
und handgrosse phosphorescirende Flammen tauchten hinter
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