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488 Psychische Studien. XVIII. Jahrg. 10. Heft. (Oetober 1891.)
Eintretenden scharf fixirte, gab aber kaum eine Antwort.
Da fragte ihn auch einmal der Pastor Buchholz daselbst,
warum er denn dieses eigenartige Benehmen zeige. Diesem
erwiderte er, dass er ihm stets die Personen zu nennen
vermöge, welche in der darauf folgenden Woche sterben,
also auch am nächsten Sonntag nicht mehr die Kirche
besuchen würden. Er erkenne diese Personen daran, dass
sie um das rechte Auge einen leuchtenden Ring hätten, den
er an ihnen aber nur dann erblicken könne, wenn er sich
am Eingang der Kirche befände und die betreffenden
Personen in die Kirche einträten. Diese Erklärung wurde
von dem Geistlichen als die eines „nicht ganz richtigen"
Mannes abgewiesen, auch wollte er nicht die Namen derer
hören, welche ihm Meier als Todeskandidaten der nächsten
Woche bezeichnen wollte. — So verging wieder einige Zeit;
eines Sonntags aber kommt Meier nach der Predigt in die
Wohnung des Pastors gelaufen und meldet ihm voller Be-
trübniss, dass er heute an seiner eigenen Tochter Marianne
den leuchtenden Ring erblickt und diese ihm nun durch den
Tod entrissen werde, und zwar vor dem nächsten Sonntag.
Der Pastor suchte ihn zu trösten, indem er ihm seinen
Aberglauben vorwarf und ihn auf die blühende Gesundheit
der fünfzehnjährigen Marianne hinwies. Meier liess sich durch
diesen Trost nicht beruhigen, er war sich seiner Sehergabe
zu wohl bewusst. Und in der That starb Marianne am
sechsten Tage darauf. Wenn der Pastor Btichholz es auch
nicht eingestand, dass er zu der Sehergabe Meiert Vertrauen
habe, so glaubte er doch daran, wie mir seine hier in
Berlin weilende Tochter versichert. Nach diesem Fall wurde
Meier oft gefragt und soll in der Bezeichnung der Todeskandidaten
für die nächste Woche stets Recht behalten
haben. — Neu ist nur an dieser, mir von der glaubwürdigen
Tochter jenes Geistlichen mitgetheilten Erscheinung, dass
die Gabe des zweiten Gesichts hier an einen bestimmten
Ort (die Kirchthür), an die bestimmte Situation der Personen
(Eintritt in die Kirche; beim Ausgang sah Meier den
Ring nicht) und an den leuchtenden Ring um das rechte
Auge als Merkmal gebunden ist«
Kurze Notizen.
a) Die „Revue Spirite" in Paris bringt in ihrer Nr. 7
vom 4. Juli er. den Beginn einer kritischen Besprechung
des zweibändigen deutschen Werkes des Staatsraths Alexander
Aksaköw über „Animismus und Spiritismus" (Leipzig,
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