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Kurze Notizen.
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Gewittern nicht beeinflusst, sondern er ignorirte sie vielmehr
gänzlich, indem er ganz allein seinem inneren Dämon, seiner
dichterischen Inspiration folgte und so zu sagen im Trance
seine Compositionen schuf. Wir haben bereits früher über
diese Art seines Schaffens einen vollgültigen Beleg beigebracht
in „Psych. Stud." April-Heft 1889 S. 195 ff.
„Den Einflüssen der Natur war auch Ludwig Spohr
ausserordentlich unterworfen/4 (Abermals ist hier das
Gegentheil der Fall, wie unsere Leser sogleich selbst sehen
werden. — Refer.) „Bei einer grossen Ueberschwemmung
in Wien verharrte er, wie er selbst erzählt, ruhig auf
seinem Zimmer in der dritten Etage und komponirte unbekümmert
um die immer näher kommenden Wassermassen,
aus deren Rauschen und Brausen ihm die Hauptgedanken
einer schönen Symphonie herausklangen." (Er war demnach
vollständig seiner wirklichen Umgebung entrückt und sah
und hörte nur auf seine Composition Bezügliches! — Refer.)
„Im weiteren wurde Spohr auch durch heftige Gemütsbewegungen
stets mächtig inspirirt. Am Lager seiner
sterbenden Gattin, während ihm das Herz vor Kummer
zu brechen drohte, zogen ihm die süssesten Melodien durch
den Kopf, die er nicht unterlassen konnte, sofort flüchtig
zu Papier zu bringen." — Auch Referent hat am Sterbebette
seiner ersten Frau etwas Aehnliches im Jahre 1875
erlebt, was in „Psych. Stud." Juli-Heft 1890 S. 338 ff. geschildert
steht.
ri) f Seine Majestät König Karl I. von Württemberg
verschied Dienstag den 6. October er. früh 6 Uhr 55 Minuten
in Folge schwerer Unterleibsleiden. Geboren den 6. März 1823
in Stuttgart, seit 13. Juli 1846 mit der am 11. September
1822 geborenen Grossfürstin Olga, einer Tochter des Zaren
Nikolaus /., vermählt, verblieb er ohne directe Nachkommen
und bestieg er den Thron am 25. Juni 1864. Unseren
Lesern wird der mit seiner hohen Person verknüpfte Fall
noch in Erinnerung sein, welcher in dem Artikel: — „Der
Spiritismus in Gesellschaft eines Königs verleumdet"
(S. 514 und 562 ff. des XV. Jahrgangs 1888 der „Psych.
Stud/*) erörtert wurde. Bei Erledigung desselben zeigte
sich seine edle, wahrhaft vornehme und alle gegen ihn
geschleuderten Verdächtigungen in königlicher Grossmuth
verzeihende Natur. Er hatte auch schwere politische Zeiten
vor und bei Gründung des Deutschen Reiches durchzukämpfen
. Als er am 25. Juni lb89 sein 25jähriges Regierungs
-Jubiläum feierte, dankte er für die zahlreichen
Zeichen der Treue und Anhänglichkeit und die herzliche
Theilnahme, die Ihm und Seinem Hause das württembergische
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