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556 Psychische Studien. XVIII. Jahrg. 12. Heft. (Deceinber 1891.)
scheinen: — dann bin ich für jede plausible Erklärung, die
Betrug, nicht aber Transfiguration, ausschliesst, dankbar.
Wenn Herr Bruno Schlegel im August-Heft er. der
„Psych. Stud." (S. 366) die logische Frage aufwirft: —
„aber ist auch jede vorgebliehe Entlarvung wirklich eine
solche?" — so zielt er damit nach meinem Dafürhalten
auf die angedeutete Phase der Transfiguration oder Transformation
hin. Eine Phase oder vielmehr ein Phänomen,
das schon verschiedenen Medien den Hals gebrochen, d. h.
sie zu Betrügern gestempelt hat. Ich war selbst schon
Zeuge, dass ein Wesen von Experimentatoren festgehalten
wurde, das in keinerlei Weise Aehnlichkeit mit dem
Medium hatte, und doch fand man das Kabinet, in welches
sich das Medium zurückgezogen hatte, leer, gleichzeitig aber
auch keine Spur von Verbündeten. Ebenso sicher, wie ich
und Andere mit Bezug auf die Existenz dieser persönlichen
Umgestaltung sind, ebenso unsicher bin ich noch, ob die
Phänomene und Manifestationen der Geistwesen zu jeder
Zeit als directe Offenbarungen derjenigen anzusehen sind,
von denen sie angeblich herrühren sollen, oder ob es zeitweilig
indirecte, durch Projection hervorgerufene Gebilde
und magische Effecte sind.
Freilich erfährt auch dieser Zweifel theilweise Widerlegung
aus dem früher Gesagten, nämlich, dass die sich
manifestirenden Geistwesen mit Bezug auf deren Individualität
aus dem Grunde Einbusse erleiden, weil sie sich theilweise
fremder Kräfte, d. h. der physischen Umgebungen des mit
ihnen im Eapport stehenden Mediums und der Vitalität
der anwesenden Besucher bedienen müssen. Dieses begründet
gleichzeitig die von mir gemachte Beobachtung,
dass es schwierig ist, mit Geistwesen in einer Sprache zu
verkehren, die dem Medium fremd ist. Bei Anlass dieser
Seance wurden mir von einem der Kontrolspirits des
Mediums Begebenheiten aus meiner frühesten Jugendzeit
ins Gedächtniss zurückgerufen, die er direct von zwei
weiblichen, mir nahe stehenden Wesen, die dazumal
Mutterstelle an mir vertreten hatten, erhalten habe. Auf
meine dahin zielende Frage erklärte mir der Bote in
englischer Sprache, dass dasjenige, was er mir mitgetheilt
habe, eine Reproduction dessen sei, was die erwähnten
anwesenden und mir nahe stehenden Lieben ihm in meiner
Muttersprache als Gedankenbilder übertragen hätten, und
diese Gedankenbilder repräsentiren in der Uebersetzung
genau die Vorkommnisse, Ausdrücke und Kosenamen, die
mir die Betreffenden in meiner Kindheit beilegten. Um
aber zwischen ihm und den Besuchern eine psycho-physische
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