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112 PsycMsohe Studien. XIX. Jahrg. 3. Heft. (Mftrz 1892.)
beginnend geschildert, bei der sich Schrepfer durch sinnverwirrende
Beredsamkeit ausgezeichnet habe, welche die
Zeichen und Symbole aus der Geheimwissenschaft aller
Zeiten spielend durcheinander warf. Alsdann traten die
Versammelten in den Billardsaal und stellten sich vor dem
Billard auf. „Hinter demselben hatte 'der Meister' im
Priesterornat an einem schwarz verhangenen Tisch, der
einen Altar vorstellte, Platz genommen; dann mussten alle
niederknieen und inbrünstig für den Erfolg ihrer Arbeit
beten; Schrepfer las darauf die Messe und flehte die überirdischen
Mächte an, ihm hilfreich zu sein und die von
ihm herbei beschworenen Personen erscheinen zu lassen.
Bei diesen Beschwörungen verzerrte er seine Züge, seine
Geberden hatten etwas krampfhaft Schauerliches, nicht
minder seine Ausrufungen, der Aufschrei, mit dem er die
Pforten des Geisterreichs öffnete. Dann stieg vor dem
Altar ein glänzender Nebel auf, in dem sich die herbeigebannte
Gestalt zeigte, Oft aber benahmen sich auch die
Geister wie die lärmfrohen Klopfgeister des 19. Jahrhunderts
: sie kündigten ihr Erscheinen durch Klopfen und
Poltern an, die Thür erdröhnte von ihren Schlägen, unter
wildem Getöse, unter Zischen und Pfeifen traten sie in den
Kreis der Endlichkeit. Schrepfer drohte jedem der Zuschauer
den Tod an, der sich \om Platze rühren würde.
Was nun die Geister sprachen, ob sie geistreich und tiefsinnig
sich äusserten, darüber schweigt die Kunde; vielleicht
waren sie so geistlos und alltäglich (?) wie die neuesten
Gespenster. Allzu bekannte Zeit- oder Stadtgenossen
herbeizubeschwören, weigerte sich Schrepfer, indem er
erklärte, er habe nicht über alle Geister Macht. So
vermochte er nicht, den Wunsch seiner Zuhörer zu erfüllen,
welche den Geist des jüngst (176^) verstorbenen Geliert zu
sehen verlangten. Den liebenswürdigen Dichter kannte jedes
Kind in Leipzig, — und da wären doch wohl auch in
gläubigen Gemüthern Zweifel wegen mangelnder Portrait-
ähnlichkeit aufgestiegen. — Solche Bedenken fielen fort,
wenn Schrepfer die beiden vor kurzem hingerichteten Grafen
Struensee und Brandt (^8. April 1172) erscheinen Hess; denn
diese trugen die abgeschlagenen Köpfe unter dem Arm und
erschwerten so eine Prüfung ihrer Gesichtszüge. Bisweilen
begegnete aber doch den Geistern das Unangenehme, dass
sich beim genauen Studium ihres Kostüms die allzuirdische
Herkunft einiger Bestandtheile desselben ergab. Schlegel
hatte sich einmal, ehe Schrepfer erschien, unter dem als
Altar hergerichteten Tische versteckt; da bemerkte er zu
seinem Erstaunen, dass der eine Geist Schuhschnallen trug,
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